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Head Games

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You’re playing Russian roulette with their future.

Es dürfte wohl für die meisten Menschen kein Schock sein, zu erfahren, dass man sich bei körperkontaktbetonten Sportarten verletzen kann. Womöglich sogar unwiderruflich. Insofern ist der Einstieg zu Steve James’ Dokumentation Head Games für Europäer etwas überraschend. “It’s been known for a long time that banging your head over and over again can be a bad thing”, sagt Alan Schwarz, Reporter der New York Times, zu Beginn. Was nicht gerade eine Offenbarung ist. Angesichts der Reaktionen und Entwicklungen, die James in den folgenden anderthalb Stunden zeigt, scheint dies in den USA jedoch durchaus eine solche gewesen zu sein.

In seinem jüngsten Film thematisiert James den Zusammenhang zwischen gewissen Sportarten wie Football, Basketball, Eishockey oder Fußball und dem Auftreten von chronisch traumatischer Enzephalopathie (CTE) nach erlittenen Gehirnerschütterungen. Im Mittelpunkt des Films steht dabei Chris Nowinski, ehemaliger College-Football-Spieler und WWE-Wrestler, der nach einer Gehirnerschütterung den Profi-Sport aufgab, ein Buch über die Risiken im Football schrieb und seither als Ansprechpartner für CTE-Gefahren gilt. “I loved the violence”, sagt er rückblickend über seine Zeit beim Football, den in den USA einer aus acht Jungen praktiziert.

Es sei “the closest thing of being a war hero without actually going to war”, sagt Nowinski. Seine Sportanalogie deckt sich mit Beschreibungen einiger anderer interviewter Sportler. Dies trifft aber auch auf ihre Krankenakte zu. Jeder zweite Spieler hat schon Symptome einer Gehirnerschütterung gehabt, in Head Games treffen wir auf Fußballerinnen, die von mehreren Gehirnerschütterungen berichten, genauso wie einen Teenager, der bisher drei davon erlitten hat. Auswechseln lassen wollen sich die meisten von ihnen während einer Partie jedoch nicht. Für Profis der NFL gehören Schädel-Hirn-Tramata (SHT) nach eigener Aussage sogar zum Sport dazu.

“In most other sports the chance of injury in incidental”, sagt der Sportjournalist Bob Costas. “In football, the chance of injury and long term serious effects is fundamental.” Und CTE sei dabei die größte Gefahr, die nicht nur zu früher Demenz führen kann, sondern viele Betroffene auch in den Selbstmord treibt. Steve James begleitet einen Ex-Football-Profi zum Neurologen, wo dieser nicht einmal mehr die Monate zwischen Januar und Juni aufzählen konnte. Ingesamt gaben 1,9 Prozent der Ex-Profis zwischen 30 und 49 Jahren an, mit einer Demenzerkrankung diagnostiziert worden zu sein. In der normalen Bevölkerung sind nur 0,1 Prozent betroffen.

Somit stellt sich die Frage, ob diese Sportarten im Allgemeinen und Football im Speziellen für Kinder geeignet sind. “You’re playing Russian roulette with their future”, findet Nowinski. Auch andere Eltern äußern Bedenken, stellen diese jedoch hinter die Liebe ihrer Kinder zu der jeweiligen Sportart zurück. So berichtet auch Chayse Primeau, Sohn von Ex-NHL-Spieler Keith Primeau, davon, einmal mehrere Minuten bewusstlos gewesen zu sein. Seinem Vater war einst nach seiner vierten Gehirnerschütterung von seinem Klub nahegelegt worden, seine Karriere zu beenden. “I was relieved”, gesteht Primeau seine erste Reaktion.

Was genau passiert, wenn wir eine Gehirnerschütterung erleiden, zeigt Steve James anfangs ebenso ausführlich wie die Neurologin Ann McKee ihre Forschung. Grandios gerät dabei eine Szene, in der sie ein Gehirn wie ein Laib Brot zerschneidet, um die Folgen von CTE zu zeigen. Wie gesagt ist es wenig überraschend, dass Profi-Sportarten mit viel Körperkontakt gesundheitliche Risiken bergen. Insofern vermag Head Games einen nicht vom Hocker zu hauen. Aber es gelingt Steve James gut, die Hintergründe etwas eingehender zu beleuchten und auf etwas aufmerksam zu machen, was zumindest in den USA weniger bekannt war als es hätte sein sollen.

7.5/10

Die Top 5: The O.C.

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The timing in this house is a thing of beauty.

Wer auf dem US-TV-Serienmarkt einen Eindruck hinterlassen will, muss sich schon ordentlich ins Zeug legen. Schließlich balgt sich eine Masse an Drama- und Comedy-Serien wöchentlich um die Gunst der Zuschauer. Im ersten Jahr ihrer Ausstrahlung war The O.C. vor fast zehn Jahren eine solche Serie. An sich total gewöhnlich und dennoch irgendwie anders. Die Show von Josh Schwartz und McG, angesiedelt in Newport Beach im kalifornischen Orange County, reüssierte mit einer Fish-out-of-Water-Story um Ryan Atwood (Ben McKenzie), eines Problemkindes aus Chino, das von der wohlhabenden Familie der Cohens aufgenommen wird.

Die Cohens wiederum sind ebenfalls nicht vollends in ihrem Element in Newport. So ist Vater und Pflichtverteidiger Sandy (Peter Gallagher) ein idealistischer Weltverbesserer von der Ostküste, während sein Sohn Seth (Adam Brody) als Comic-Fan in der Schule gemobbt wird und sich hinter einem Sarkasmus-Schutzwall verbarrikadiert. Was beide in Orange County verankert, ist ihre Beziehung zu Frau und Mutter Kirsten (Kelly Rowan), Tochter des wohlhabendsten Mannes der Stadt. Jenen Zusammenprall zweier Welten, sei es Ryan mit Newport oder die Cohens, zelebrierte The O.C. beständig, gewürzt mit den Beziehungskonflikten der Figuren.

Rückblickend war die Show jedoch extrem kurzweilig, im Laufe von drei Jahren brach die Zuschauerquote um 57 Prozent ein und am Ende wurde The O.C. bereits nach vier Staffeln eingestellt. Gründe ließen sich hierfür wohl viele finden. Allen voran war die Show zu redundant und exerzierte jedes Jahr stets dasselbe Szenario mit verschiedenen Figuren durch. Zusätzlich fiel die Episodenbuchung exorbitant aus, mit teilweise bis zu 26 Episoden pro Staffel, also über 17 Stunden Narration. Und weil die bereits bekannten – und so vorhersehbaren – Nebenhandlungen zu lange aufrecht erhalten wurden, schwand das Interesse am Geschehen konsequent.

Ein ähnliches Dilemma zeigte sich bei den Figuren. Nicht von ungefähr wurde Mischa Barton in ihrer Rolle als Marissa Cooper, das sprichwörtliche “girl next door”, als Schwachpunkt der Serie ausgemacht. Frühzeitig mit einem Alkoholproblem versehen, schlidderte die Figur nach und nach in die Untiefen aller Klischees. Das unrühmliche Ende war einer der grausamsten Serientode aller Zeiten – ausschließlich auf das Seherlebnis bezogen. Löblich war, dass einige Beziehungen wie die von Sandy und Kirsten oder auch von Seth und seiner Jugendliebe Summer Roberts (Rachel Bilson) zumindest ein durchgängiges Thema der Show gewesen sind.

Aber The O.C. hatte auch ihre Vorzüge, allen voran ihren Sarkasmus und ihre Bereitschaft zur Selbstparodie. Insbesondere Adam Brody bleibt einem positiv im Gedächtnis – auch wenn mit der Figur im Laufe der dritten Staffel, genauso wie bei Peter Gallagher, dem anderen Highlight, der Fall, eher gezwungen dramatisch umgegangen wurde. Kaum eine Folge, ohne besondere Szene – nur trägt eine Szene leider keine ganze Folge. Weshalb der Serie weniger Episoden und weniger Redundanz in der Dramatisierung sehr viel besser getan hätte. Dass schrulliger Humor alleine ausreicht, bewiesen immerhin viele der Figuren jahrelang.

So wie Sandy und Seth, aber auch Autumn Reeser als Taylor Townsend hauchte The O.C. zum Ende nochmals Leben ein. Ironischerweise endete gerade jene Serie, die vier Jahre lang prinzipiell dasselbe erzählte, reichlich überhastet in einer Serienfinalmontage, die auch aufgrund einiger offener Punkte wenig Raum für Nostalgie ließ. Und auch wenn es ziemlich leicht war, die fünf stärksten Episoden aus 92 zumeist durchschnittlichen Folgen zu benennen, zeichnet es The O.C. aus, dass man über die Serie sagen kann, was Peter Gallaghers Familienvater in der zweiten Staffel meinte: Just because you’re leaving doesn’t mean I’m letting you go.


5.The Case of the Franks(Season 4, Episode 13, Norman Buckley): Steht hier stellvertretend für eine mäßige vierte Staffel, die wenig zu erzählen hatte und zu wenig aus ihren Möglichkeiten machte. Gelungen ist diese Folge, da sie sich zentral um die Beziehungen aller Figuren kümmert, Ryan näher zu seinem entfremdeten Vater Frank (Kevin Sorbo) bringt und mit einer herrlichen Meta-Rückblenden-Szene zwischen Seth und Ryan aufwartet.

4.The O.Sea(Season 2, Episode 23, Michael Lange): Zum Ende der zweiten Staffel klären Seth und Zach (Michael Cassidy) ihren Kampf um Summer, während der eine sie zum Abschlussball begleitet und der andere ein hölzernes Abendessen mit George Lucas wahrnimmt. Zugleich wird Kirstens gesteigerte Alkoholsucht mit dem Tod ihres Vaters (Alan Dale) und dem Hauch von Menschlichkeit bei Julie (Melinda Clarke) verknüpft.

3.The Perfect Storm(Season 3, Episode 5, Tony Wharmby): Während Ryan mal wieder versucht, Newport den Rücken zu kehren, agieren die übrigen Figuren als homogenes Ganzes, um dies zu verhindern. Der grandiose Höhepunkt der Folge ist Sandys Besuch bei Rektor Hess (Eric Mabius), den er mit fiktiven Bildern auf seinem Mobiltelefon dazu blufft, dass dieser nicht nur Ryan wieder zur Schule lässt, sondern sogar selbst zurücktritt.

2.The Nana(Season 1, Episode 23, Michael Lange): Sandys Mutter a.k.a. die Nana (Linda Lavin) kündigt sich an und wird ihrem schrecklichen Ruf nicht gerecht, weil sie todkrank ist. Dies drückt zuerst die Stimmung, bringt die Cohen-Familie jedoch näher zusammen. Summer arbeitet derweil an ihrer Vorzeigbarkeit fürs Passahfest und Ryan gelingt überraschend ein wenig aggressives Manöver, um gleich drei Brandherde in Chino zu löschen.

1.The Chrismukkah That Almost Wasn’t(Season 2, Episode 6, Tony Wharmby): Die Offenbarung, dass Lindsay (Shannon Lucio) die uneheliche Schwester von Kirsten ist, bringt Chrismukkah an den Rand des Abgrunds und das Drama-Level in The O.C. an seinen Siedepunkt. Erstaunlicherweise ist es dann Summer, die mit einer geschickt inszenierten Zusammenführung Chrismukkah rettet und zumindest kurzweilig für Harmonie sorgt.

Filmtagebuch: November 2012

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À BOUT PORTANT [POINT BLANK]
(F 2010, Fred Cavayé)
6/10

ΑΛΠΕΙΣ [ALPEN]
(GR 2011, Giorgos Lanthimos)
7.5/10

THE AMAZING SPIDER-MAN
(USA 2012, Marc Webb)
3.5/10

AMOUR
(F/D/A 2012, Michael Haneke)
8.5/10

BARBARA
(D 2012, Christian Petzold)
6/10

BEATS RHYMES & LIFE: THE TRAVELS OF A TRIBE CALLED QUEST
(USA 2011, Michael Rapaport)
7/10

BEAUTY DAY
(CDN 2011, Jay Cheel)
6/10

BERNIE
(USA 2011, Richard Linklater)
6.5/10

BIR ZAMANLAR ANADOLU’DA [ONCE UPON A TIME IN ANATOLIA]
(TR/BIH 2011, Nuri Bilge Ceylan)
7.5/10

BOOGIE NIGHTS
(USA 1997, Paul Thomas Anderson)
4/10

BRAVE
(USA 2012, Mark Andrews/Brenda Chapman)
7.5/10

BUCK
(USA 2011, Cindy Meehl)
6/10

COSMOPOLIS
(CDN/F/P/I 2012, David Cronenberg)
7/10

THE CURSE OF KING TUT’S TOMB
(USA 2006, Russell Mulcahy)
1.5/10

ЕЛЕНА [ELENA]
(RUS 2011, Andrey Zvyagintsev)
7.5/10

END OF WATCH
(USA 2012, David Ayer)
6.5/10

GROUNDHOG DAY
(USA 1993, Harold Ramis)
10/10

HEAD GAMES
(USA 2012, Steve James)
7.5/10

THE HOLE
(USA 2009, Joe Dante)
6.5/10

THE INVISIBLE WAR
(USA 2012, Kirby Dick)
8/10

THE ISLAND PRESIDENT
(USA 2011, Jon Shenk)
5.5/10

KOI NO TSUMI [GUILTY OF ROMANCE]
(J 2011, Sono Sion)
6/10

EN KONGELIG AFFÆRE [DIE KÖNIGIN UND DER LEIBARZT]
(DK/S/CZ 2012, Nikolaj Arcel)
6.5/10

LIFE OF PI
(USA 2012, Ang Lee)
6/10

LOVELY, STILL
(USA 2008, Nicholas Fackler)
5/10

MAGNOLIA
(USA 1999, Paul Thomas Anderson)
1/10

ET MAINTENANT ON VA OÙ? [WER WEISS WOHIN?]
(F/LB/ET/I 2011, Nadine Labaki)
5.5/10

MARGARET
(USA 2011, Kenneth Lonergan)
3.5/10

MISTÉRIOS DE LISBOA
(P/F 2010, Raoul Ruiz)
6.5/10

MY WEEK WITH MARILYN
(UK/USA 2011, Simon Curtis)
5.5/10

NUIT BLANCHE [SLEEPLESS NIGHT]
(F/B/L 2011, Frédéric Jardin)
4.5/10

THE O.C. - SEASON 3
(USA 2005/06, Ian Toynton u.a.)
7/10

THE O.C. - SEASON 4
(USA 2006/07, Ian Toynton u.a.)
6.5/10

PIRANHA 3DD
(USA 2012, John Gulager)
7/10

THE QUEEN OF VERSAILLES
(USA/NL/UK/DK 2012, Lauren Greenfield)
7.5/10

RENOIR
(F 2012, Gilles Bourdos)
5.5/10

RUBY SPARKS
(USA 2012, Jonathan Dayton/Valerie Faris)
6/10

SAFETY NOT GUARANTEED
(USA 2012, Colin Trevorrow)
7/10

THE SECOND EXECUTION OF ROMELL BROOM
(D/USA 2012, Michael Verhoeven)
6/10

SMALL TOWN MURDER SONGS
(CDN 2010, Ed Gass-Donnelly)
4/10

SNEAKERS
(USA 1992, Phil Alden Robinson)
6.5/10

SOUTH PARK - SEASON 16
(USA 2012, Trey Parker)
7.5/10

SUCKER PUNCH [EXTENDED CUT]
(USA/CDN 2011, Zack Snyder)
4/10

SUSHI: THE GLOBAL CATCH
(USA/J/AUS/PL/SGP 2012, Mark Hall)
6.5/10

TED
(USA 2012, Seth MacFarlane)
6/10

TEXAS KILLING FIELDS
(USA 2011, Ami Canaan Mann)
4.5/10

THIS MEANS WAR
(USA 2012, McG)
5/10

THREE KINGS
(USA/AUS 1999, David O. Russell)
4/10

TINY FURNITURE
(USA 2010, Lena Dunham)
6.5/10

WILLIAM S. BURROUGHS: A MAN WITHIN
(USA 2010, Yony Leyser)
4.5/10

Beasts of the Southern Wild

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Once there was a Hushpuppy and she lived with her daddy in The Bathtub.

Das Kino hatte wohl spätestens mit dem Kurzfilm L’arrivée d’un train en gare de La Ciotat der Gebrüder Lumière den Status etwas „Magischen“ inne. Ein Erlebnis, in dem Realität und Fiktion zu verschwimmen schienen, vermutlich weniger dem Film als solchen denn dem frühen Filmerlebnis per se geschuldet. Mit der Zeit und mit den Jahrzehnten wurden die magischen Filmmomente immer rarer und seltener. Je mehr Filme produziert werden, desto mehr Einheitsbrei ist darunter und desto seltener werden kleine, magische Werke. Dass “movie magic” noch nicht ausgestorben ist, beweist Benh Zeitlin mit seinem Indie-Märchen Beasts of the Southern Wild.

Die darin erzählte Geschichte ist unterm Strich relativ simpel, handelt es sich doch um ein Coming of Age-Drama. Gemeinsam mit ihrem Vater Wink (Dwight Henry) und einigen anderen Aussiedlern wohnt die 6-jährige Hushpuppy (Quvenzhané Wallis) in der Inselsiedlung The Bathtub vor der Küste von Louisiana. Als sich dann plötzlich Winks gesundheitlicher Zustand verschlechtert und ein hereinbrechender Sturm The Bathtub unter Wasser setzt, muss Hushpuppy, die sich für die beiden Situationen verantwortlich fühlt, schnell lernen, ihre Kindlichkeit abzulegen und zudem ihren rechtmäßigen Platz als “king of The Bathtub” einzunehmen.

In semi-Selbstständigkeit erzogen, Hushpuppy wohnt in einem eigenen Trailer, beginnt die Handlung, als Wink für kurze Zeit verschwindet. Mit seinem Gesundheitszustand beschäftigt, gerät der alleinerziehende Vater bei seiner Rückkehr mit seiner Tochter schließlich aneinander und erleidet dabei just in dem Moment einen Anfall, als sich ein Sturm ankündigt, vor dem die Kinder des Bathtub seit jeher gewarnt wurden. Hushpuppy sieht sich als Auslöser für beide Vorfälle – und viel mehr. “The whole universe depends on everything fitting together just right”, sinniert sie. “If one piece busts, even the smallest piece…the whole universe will get busted.”

Fortan vermischen sich bisweilen die Ebenen zwischen Realität und Fiktion, wenn das kleine Mädchen versucht, mit der Umwälzung ihrer Lebenswelt klarzukommen und dies in Einklang mit dem bringen will, was ihr von ihrer Lehrerin Miss Bathsheba (Gina Montana) beigebracht wurde. “Sometimes you can break something so bad”, meint Hushpuppy, “that it can’t get put back together”. Eben das versucht Beasts of the Southern Wild jedoch zu schaffen: alles wieder so zusammenzufügen, wie es vorher war. Für Hushpuppy bedeutet dies, dass Wink als einziges Familienmitglied im Bild bleibt. Für Wink bedeutet es, seiner Tochter eine Zukunft zu ermöglichen.

Von zentraler Bedeutung ist dabei die gemeinschaftliche Kommune des Bathtub, einer eigenen kleinen Welt, die sich an der zivilisatorischen Basis bewegt. Den Kindern wird hier beigebracht, zu überleben, während sie gleichzeitig für jenen Sturm präpariert werden, der irgendwann kommen muss. Somit ist The Bathtub auch im Verständnis seiner Bewohner nur ein Ort auf Zeit – ein Paradies, das irgendwann verloren wird. Zumindest solange niemand bereit ist, dafür zu kämpfen. Obschon keine Hierarchie zu erkennen ist, nimmt Wink doch eine Vorreiterrolle ein. Zumindest unter jenen Mitgliedern, die sich vom Sturm nicht haben vertreiben lassen.

Somit erzählt Benh Zeitlin, der mit diesem Film ein beeindruckendes Debüt abliefert, prinzipiell vom Überleben einer Gemeinschaft, sowohl als kleine Familie zwischen Wink und Hushpuppy als auch als große Familie mit den übrigen Mitgliedern der Kommune. Zugleich dreht sich die Handlung um das Loslassen und Festhalten von Objekten, Personen und Werten. Für die Sechsjährige hält Beasts of the Southern Wild zudem in gewisser Weise eine Odyssee bereit, in der sie sich später ihrer eigenen Vergangenheit stellen muss, um sich auf ihre Zukunft einlassen zu können. “I see that I’m a little piece of a big, big universe”, realisiert Hushpuppy am Ende.

Dabei ist Zeitlins Film letztlich nur so gut, wie seine beiden Darsteller, die diesen tragen. Das Ergebnis ist umso beachtlicher, da es sich um Laien handelt. So balanciert Bäcker Dwight Henry gekonnt zwischen den resignierenden Momenten seiner Figur und jenen Augenblicken, in denen er um die Zukunft seiner Tochter kämpft. Henry verleiht Wink Optimismus und Charme, was ihn auch in seinen wenigen Szenen sympathisch werden lässt. Das Highlight ist aber die Leistung von Quvenzhané Wallis: Sich stark und zugleich verletztlich gebend, ist es ihre Hushpuppy, die den Film weitestgehend alleine schultert und dies gekonnt über die gesamte Dauer.

Ebenfalls erwähnenswert ist die Kameraarbeit von Ben Richardson und insbesondere die musikalische Untermalung von Zeitlin und Dan Romer. Ihr Bläser- und Streicherorchester inszeniert ländlich-folkloristische Musik von jener lebensbejahenden Kraft, von der auch der Film erzählt. Und spätestens, wenn das Orchester zum großen Finale ausholt und Hushpuppy dann in einer starken Schlusseinstellung am Ende ihres Reifeprozesses angelangt ist, spürt man als Zuschauer, was auch zuvor während Beasts of the Southern Wild des Öfteren aufgeblitzt ist: Eine cineastische Gänsehaut und das Wissen, dass “movie magic” doch noch nicht ausgestorben ist.

9/10

56 Up

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“So, is it done?”“It’s never done.”

Ein Taxi in London hat niemand geringeren als Astronaut Buzz Aldrin, den zweiten Mann auf dem Mond, auf der Rückbank sitzen. Als es vor der vom Fahrgast designierten Adresse Halt macht, fährt ein zweites Taxi heran. Der Kollege fragt nach einem Autogramm, also beugt sich der Fahrer zurück und leitet die Bitte an Buzz Aldrin weiter. “No, I don’t want his autograph”, korrigierte ihn der Kollege, “I want your autograph”. Tony Walker lacht, als er Regisseur Michael Apted diese Geschichte in 56 Up erzählt. “I couldn’t believe it”, sagt der 56-jährige Brite. Dabei ist es nicht das erste Mal, dass Tony davon berichtet, erkannt worden zu sein. Der lebensfrohe Taxifahrer ist seit jeher einer der Teilnehmer der britischen Up-Sendereihe, die mit dem Programm die wenigsten Probleme haben.

Im Mai 2012 war wieder ein siebenjähriger Zyklus vorüber gegangen, an dessen Ende Apted immerhin 13 seiner 14 Protagonisten aus Seven Up! wiedervereinen konnte – so viele wie seit 21 nicht mehr. Inzwischen nahe am Rentenalter und größtenteils mehrfache Großeltern, fokussiert sich die neue Ausstrahlung weniger auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten der jeweiligen Teilnehmer als vielmehr auf einen Blick ihres momentanen Status Quo. Dies hat zur Folge, dass 56 Up weitaus stärker als die vorherigen Ausstrahlungen den Charakter einer Wiedervereinigung hat, die mehr als alles andere ein bloßes Wiedersehen darstellt, ohne von allzu großer tieferer soziokultureller Bedeutung zu sein. Eine Tatsache, die jedoch auch dem fortgeschrittenen Alter der Personen geschuldet ist.

Lynn Johnson genießt das Leben mit ihren Töchtern und Enkelsöhnen.
Und doch ist der neuerliche Besuch von Apted etwas anders als die vorangegangenen. Das merkt man bereits daran, dass 56 Up nicht mit Tony startet, sondern mit Sue. Sie ist immer noch mit Glen zusammen, inzwischen bereits seit 42 Up. Ohnehin, und das ist in gewisser Weise ziemlich erfreulich, hat sich keines der Paare in den vergangenen sieben Jahren getrennt. “Wether it’s through luck or determination, we worked through difficult times”, sagt Suzy über ihre Ehe zu Rupert – nahezu wortwörtlich wie bereits in 49 Up. Letztlich sind Jackie und Neil die einzigen Teilnehmer, die zum Zeitpunkt des Films keinen Partner haben. Konstanz in ihren Beziehungen zum Partner als auch zu ihren Kindern zeichnet somit auch diesen Teil von Granadas und Apteds Programmreihe aus.

“The kids are my life”, sagt Tony, der sich um seine Enkelin kümmert, da seine Tochter emotionale Probleme hat. Umso härter hat es den Londoner getroffen, als ihm seine Kinder jenes Untreuegeständnis aus 42 Upübel nahmen. Kaum ein anderer Teilnehmer der Up-Reihe hat diese so offen an sich herangelassen wie er. Ohnehin wird die Teilnahme am Programm immer öfter zum Thema in diesem selbst. “It’s not a matter I look forward to every seven years”, gesteht Andrew, der mit seiner Frau Sue jene alte Scheune aus 28 Up inzwischen zu einem ansehnlichen Ferienhaus umgewandelt hat. “So, is it done?”, fragt Apted das Paar. “It’s never done”, schmunzelt Sue und erinnert an das Unkrautproblem. Und auch Einzelgänger Neil hat kritische Worte für die Programmreihe übrig.

Neil Hughes arbeitet inzwischen als Hilfsminister seiner Kirchengemeinde.
Wie bereits Jackie in 49 Up oder auch Suzy zuvor, moniert Neil, dass viele Leute meinen würden, ihn zu kennen, nur weil sie ihn alle sieben Jahre in Apteds Dokumentation sehen. Auch Suzy und Nick sprechen an, dass die zehnminütigen Segmente nie repräsentativ widerspiegeln würden, wer sie wirklich seien. “It’s not an absolute accurate picture of me”, sagt Nick, ergänzt jedoch: “but it’s a picture of somebody – and that’s the value of it”. Bezieht man mit ein, dass fast die Hälfte der zehnminütigen Segmente – „Sorgenkind“ Neil kriegt jedoch meist fast 15 Minuten – nur aus Archivmaterial als ergänzender Kontext besteht, ist die Meinung der Teilnehmer durchaus nachvollziehbar. Allerdings haben bisher nur die Hälfte von ihnen ihren Unmut gegenüber Apted und der Kamera geäußert.

Und dennoch hat Neil immer bereitwillig und offen über sich und seine Probleme gesprochen, selbst hier, in diesem Teil tut er es wieder. Sein halbes Leben lang lebt er bereits am Existenzminimum, hat immerhin mit seiner liberaldemokratischen Arbeit einen Lebenssinn gefunden. “It’s the only way I’ve been able to make any money”, erzählt er uns. “I’ve been completely unsuccessful in trying to find a paid career in any kind.” Zudem ist Neil, der seit 35 Up ein wiedergeborener Christ ist, nun auch ein Hilfminister in seiner Kirchengemeinde. Was ihn aber wirklich erfüllen würde, wäre die Publikation seiner literarischen Arbeiten, die er sich durch die Aufmerksamkeit des Programms gewünscht hätte. Dazu kam es aber nie, im Gegensatz zur Medialisierung privater Anliegen anderer Teilnehmer.

Peter Davies (mitte) promotet die Musik seiner Band The Good Intentions.
So hatte John einst nach 21 die Reihe quittiert, um zurückzukehren, weil er sich wegen seiner Frau karikativ um benachteiligte Kinder in Bulgarien kümmerte. Auch Peter kehrt in 56 Up nach 28 Jahren zurück, weniger wegen des Programms selbst, sondern aus privaten Gründen. “I want to promote the music and the band I’m in”, sagt der ehemalige Lehrer, der nun Jurist im öffentlichen Dienst ist. Wegen der harschen Reaktionen auf seine Regierungskritik in 28 Up war er dem Programm ferngeblieben, dabei zeigt sich in Kommentaren von Nick über die Bildungspolitik Anfang der 80er-Jahre, dass die damalige Kritik von Peter am Thatcherismus nicht ganz unbegründet war. “I still believe they haven’t got a clue what they’re doing”, ist auch Lynn kein Freund der gegenwärtigen Regierung.

Die Cameron-Regierung hielt noch andere Überraschungen parat, wie eine verspätete Rente, sodass Lynns Mann weiter arbeiten muss. Auch Jackie, die seit 14 Jahren Invalidenrente kassiert, wurde vom Staat nun trotz ihrer Arthritis für arbeitstauglich eingestuft. Zugleich leidet ihre Schwiegermutter an Krebs im Endstadium, ihr zweitjüngster Sohn ist mit 19 Jahren Vater geworden und der Jüngste hat sich zur Armee gemeldet. “I think my life’s gonna be good”, ist die alleinstehende Frau dennoch überzeugt. Weitaus besser ist die Lage bei den anderen Teilnehmern. Sue leitet inzwischen ihre Fakultät und probt sich in der Freizeit in einer Drama-Klasse, Symon ist weiterhin Pflegevater für benachteiligte Kinder. “To be loved, to be wanted”, sagt er, “if you can give that to them, everything else is second”.

Suzy und Nick sind inzwischen miteinander befreundet und halten E-Mail-Kontakt.
Ihre Kinder sind sicherlich inzwischen das zentrale Thema für alle 13. Paul, der nunmehr als Hausmeister in der von seiner Frau geleiteten Seniorenanlage arbeitet, hofft, alle seine Enkel auf die Universität schicken zu können. “One thing you can’t take away from people is education”, sagt er, der stets einfache Berufe ausgeübt hat. Fast exakt dasselbe hatte Andrew einst in 21 bereits geäußert. Ihre Bildung haben auch Nick und Bruce geprägt, sodass Ersterer mit seiner zweiten Frau und Bruce mit seiner Familie nach Oxford zurückkehrten. Letzterer hofft lediglich, dass seine Söhne ihr Potential ausschöpfen. Mit der Ausschöpfung ihres eigenen Potentials scheinen die meisten der 56-Jährigen durchaus zufrieden zu sein – auch wenn für viele von ihnen, allen voran Neil, mehr möglich war.

Wie immer ist es schön zu sehen, dass alle noch munter und gesund sind, auch auf die engere Familie bezogen. Zwar weniger eindrucksvoll wie die vorangegangenen Ausgaben ausgefallen, ist 56 Up dennoch gerade für Fans der Up-Reihe ein schönes Wiedersehen, dass allerdings noch eine Spur sentimentaler hätte ausfallen können. “I suppose I have this ridiculous sense of loyalty to it, even though I hate it”, lacht Suzy. “And that’s just such a contradiction, isn’t it?” Angesichts der dann nahenden Rente und des hohen Alters von Apted selbst, könnte 63 Up vermutlich die letzte Rückkehr darstellen. Denn er trägt wohl einen großen Teil dazu bei, dass die meisten immer mitmachen. Und wer weiß, vielleicht kehrt dann zum womöglich großen Finale 2019 auch Charles nach 42 Jahren zurück.

8/10

The Imposter

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A story so bizarre, it’s hard to believe it’s true.

Dem US-Justizministerium nach werden jährlich beinahe 800.000 Kinder unter 18 Jahren als vermisst gemeldet oder 2.185 Kinder pro Tag. Aktuell sind es 198 Kinder und Jugendliche, die im Bundesstaat Texas vermisst werden – einer davon ist Nicholas Barclay, der heute 31 Jahre alt wäre. Im Alter von 13 Jahren verschwand er im Juni 1994 in San Antonio, Texas und wurde seither nicht mehr gesehen. Und auch wenn seine Familie der Überzeugung ist, dass er nicht mehr lebt, will sie ihn dennoch finden. “You just wanna find out what happened to him”, sagt seine Schwester Carey Gibson in Bart Laytons Dokumentarfilm The Imposter. Layton rekapituliert darin jenes Jahr 1997, als es schien, dass Nicholas wieder aufgetaucht sei.

Doch am anderen Ende der Telefonleitung war kein Verantwortlicher aus Texas, nicht einmal aus den USA, sondern der Anruf an Carey Gibson kam aus Spanien. Dort sei Nicholas in einem Kinderheim gefunden worden, nachdem er einem Sexsklavenring entflohen war. Sofort flog Gibson über den Atlantik, um ihren Bruder nach Hause zu holen. Nur, die Person, die sie abholen kam, war nicht ihr Bruder Nicholas. Statt eines 16-jährigen Jungen wartete ein 23-jähriger Twen auf sie, das französische Chamäleon Frédéric Bourdin. “From as soon as I remember, I wanted to be someone else”, erzählt dieser Layton. Und früh zeigt sich, dass die Geschichte von The Imposter nicht die eines verlorenen Jungen ist, sondern derer zwei.

Als Sohn eines Algeriers hatte es Bourdin im Kindesalter nie leicht, ein Gefühl von Liebe bekam er von seiner Mutter nach eigenen Aussagen nicht vermittelt. Er war unerwünscht und nicht gewollt – entsprechend war alles, wonach er sich immer sehnte, eine Familie zu haben. Seine Entscheidung, zu Nicholas Barclay zu werden, war dabei Zufall. Grundsätzlich war es ihm darum gegangen, in ein Kinderheim gebracht zu werden. Er adoptierte den Look und das Verhalten von Teenagern und stellte sich stumm. “It’s very hard to read a kid that doesn’t speak”, weiß Bourdin. Das Kinderheim wollte sich damit jedoch nicht begnügen, der 23-Jährige musste eine Identität beanspruchen und wählte die des vermissten Nicholas Barclay.

“He looked nothing like me”, sagt der dunkelhaarige Bourdin über den blonden und blauäugigen Nicholas. Dennoch zog er sein Unternehmen durch, färbte sich die Haare, ließ sich Tätowierungen nachstechen und sprach so wenig wie möglich, um seinen Akzent zu kaschieren. “I could convince anyone of anything”, schmunzelt Bourdin. Er überzeugte letztlich nicht nur die spanischen Behörden, sondern auch Gibson und „ihre“ Mutter Beverly Dollarhyde. “He had changed so much”, urteilt die zwar, schiebt es aber auf das von Nicholas durchstandene Trauma. Ihre Familie hatten nun ihren Jungen wieder, Bourdin hingegen hatte nun endlich eine Familie. “I never dreamt of so much”, gesteht er aufrichtig. “I was born again.”

Was folgt, sind Schulbesuche, Fernsehauftritte, Befragungen durch das FBI, ein privater Ermittler und stets die unterschwellige Frage, ob niemanden aufgefallen ist, dass dieser Junge nicht Nicholas sein konnte? Aber wie auch, wo ihn ja „seine“ Familie aufgenommen hatte? “No one would be wrong about something like that”, sagt FBI-Agentin Nancy Fisher, die den Fall von Nicholas vermeintlicher Versklavung verfolgte. The Imposter zieht einen speziell zu Beginn in seinen Bann, wenn Layton den charismatischen Bourdin seine Vorgehensweise des Identitätendiebstahls rekapitulieren und nachspielen lässt. Und es sind jene Reenactments des Films, die ihm mit seine spannungsintensive Stärke und Klasse verleihen.

Die Schauspieler für die Interviewten sehen diesen ungemein ähnlich, Layton legt Bourdins Worte Lippensynchron auf die Reenactments und liefert eine beeindruckende Mise en scene. Zwar flacht The Imposter im zweiten Akt etwas ab, nimmt jedoch zum Schluss erneut Fahrt auf, als die Fassade zu bröckeln beginnt und sich Risse aufzutun scheinen, die lange vorher existierten. Bart Layton gelang eine eindringliche und packende Dokumentation, die es mit jedem Spielfilm aufnehmen kann und die in dem so abstoßenden wie sympathischen Frédéric Bourdin eine der ambivalentesten Figuren des Jahres bietet. In einer Geschichte so bizarr, dass man kaum glauben kann, dass sie sich wirklich ereignet hat.

8.5/10

Undefeated

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Football doesn’t build character. It reveals it.

Die Amerikaner lieben ihren Football. Und die Amerikaner lieben ihre Underdog-Stories. Es verwundert also nicht, dass im Februar dieses Jahres mit Undefeated von Daniel Lindsay und T.J. Martin eine Football-Underdog-Story den Academy Award für den besten Dokumentarfilm gewonnen hat. Denn hier wird einem alles geboten: der Kampf eines sympathischen David gegen einen gesichtlosen Goliath (das andere Team, das System, das eigene Ego), Coming of Age, Katharsis und jede Menge Emotionen. Ein so genannter crowd-pleaser, allerdings einer im positiven Sinne. Dabei gibt es in Undefeated nichts, das man nicht aus anderen Sportfilmen bereits kennt – nur dass das hier Gezeigte authentisch ist.

Handlungsort ist der Stadtteil North Memphis in Memphis, Tennessee, wo der freiwillige Football-Coach Bill Courtney mit seinem Team versuchen will, zum ersten Mal in der 110-jährigen Geschichte der Manassas High School ein Playoff-Spiel zu gewinnen. Seine Spieler haben dabei öfters als einem lieb sein sollte denselben Hintergrund: Es sind afroamerikanische Teenager aus sozial schwachen Familien, die zumeist von ihren Großmüttern großgezogen werden, weil ihre Eltern tot sind oder im Gefängnis sitzen. Ursache ist die Schließung einer Großfabrik in den 1970er-Jahren, die zu Armut und zu steigender Hoffnungslosigkeit im Stadtteil führte. Für viele ist der Sport vielleicht der einzige Ausweg.

“I know it’s going to be my way out”, sagt beispielsweise der Left Tackle und Star des Teams O.C. Brown. Ein großer bulliger und gutherziger Kerl, dessen Geschichte ein wenig an Michael Oher aus The Blind Side erinnert. Denn damit O.C. ein Football-Stipendium erhält, muss er bei seiner College-Aufnahmeprüfung eine Mindestpunktzahl erreichen. Hierfür wird er von seinem Co-Trainer Mike Ray unterstützt, der O.C. mehrere Tage die Woche in seinem Haus in einem weißen Nobelviertel wohnen lässt, wo dieser Nachhilfeunterricht erhält. Für Ray und Coach Courtney ist dies eine selbstlose Zusatztätigkeit. “It’s not part of the job description”, sagt Courtney später, als er einen Konflikt zwischen Spielern schlichten will.

Die Beziehung zwischen Courtney und seinen Spielern ist das Herz und die Seele von Undefeated. Obschon er eine eigene Firma und daheim fünf Kinder hat, opfert der ehemalige Spieler einen Großteil seiner Zeit für die Jungs. Und nicht nur für ihr Training, sondern auch für ihre Erziehung. Denn wenn Courtney redet und schimpft, hören ihm die riesigen Kerle allesamt brav zu. Für sie, die wie O.C. oder Right Tackle Montrail ‘Money’ Brown von ihrer Großmutter aufgezogen werden, kommt Courtney einer Vaterfigur am nächsten. Kein Wunder, wuchs der Coach doch selbst ohne Vater auf. Courtney liebt seine Jungs und er liebt das Programm, dass er seit sechs Jahren auf ehrenamtlicher Basis als Trainer begleitet.

Courtney weiß dabei “damn good and well” wozu er sich jedes Jahr verpflichtet. “And I keep coming back.” Denn für viele der Jungs ist das Football-Programm von Manassas das einzige, was sie auf der richtigen Spur hält. So wie bei Chavis Daniels, einem Delinquenten, der nach 15 Monaten in Jugendhaft wieder auf die Schule geht. Er ist hochgradig aggressiv und gerät kurz nach seiner Ankunft bereits mit mehreren Leuten, darunter Money, aneinander. “At what point do you quit trying?”, fragt sich Courtney genauso wie Lindsay und Martin, als es darum geht, Chavis in der Spur zu halten. Doch wo andere aufgeben, macht Courtney weiter, glaubt an Chavis’ Potential und an dessen mögliche Katharsis.

“If you’ll allow it, football will save your life”, verspricht der Lehrer Tommy Warren später Chavis, der zu erkennen beginnt, was ihm der Sport ermöglichen kann. Nicht nur eine akademische Zukunft wie bei O.C. oder einen Lebenssinn wie bei Money, sondern auch eine erzieherische Charakterbildung. Denn Charakter, das trichtert Courtney den Spielern immer wieder ein, zeigt sich nicht dadurch “how you handle your successes but how you handle failures“. Und mit Misserfolgen kennen sie sich in Manassas aus, wird die Schule doch in der Regel von besseren Teams für mehrere tausend Dollar Gage als Aufbaugegner angeheuert. Doch mit diesen pay games, so Courtneys Ziel, soll nun Schluss sein.

Die Sportsaison der Manassas Tigers begleitet Undefeated oberflächlich. Wir sehen das erste Saisonspiel, das grandios in die Hose geht, wir sehen die Folgepartie, in der die Tigers zur Halbzeit nach zwei Touchdowns mit 0:20 hinterher hecheln. Und wir sehen die plötzliche Wende, die zum Titel der Dokumentation führt und zu jener Siegesserie, die es Courtney und seinen Spielern ermöglichen könnte, Geschichte zu schreiben. Ein Szenario der Marke „wenn nicht jetzt, wann dann“, spricht der Coach doch selbst davon, dass er dank O.C. und Co. das beste Spielermaterial in seinen sechs Jahren zur Verfügung hat. Bis dahin ist es jedoch ein weiter Weg, in dem es für O.C., Money und Chavis einige Hürden zu nehmen gilt.

Für ihre Dokumentation zogen Lindsay und Martin von Los Angeles nach Tennessee, wo sie in neun Monaten stolze 500 Stunden an Material filmten. “It was about capturing a moment in time”, sagen sie über ihren Film. Angesichts der unerwarteten Entwicklung der Manassas Tigers verdankt sich Undefeated einer glücklichen Fügung. Denn die Dokumentation könnte problemlos ein Spielfilm sein und steht als Seherlebnis Genrevertretern wie Friday Night Lights, Varsity Blues und Co. in nichts nach. Und auch wenn Undefeated nicht die beste Dokumentation des Jahres ist, so ist sie dennoch eine der Besten. Denn sie funktioniert, weil man mit jeder ihrer Figuren sympathisiert und mitfiebert – ein echter crowd-pleaser eben.

7.5/10

Filmjahresrückblick 2012: Die Top Ten

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If you’ve ever wondered where your dreams come from,
you look around... this is where they’re made.

(Georges Méliès, Hugo)

Statt am 21. Dezember wie von den Maya prophezeit unterzugehen, ging das Jahr 2012 doch noch weiter, sodass zum Jahresabschluss mein traditioneller Rückblick des Filmjahres natürlich nicht fehlen darf. Wie bereits in 2010 und 2011 verstärkte sich dieses Jahr der Trend der Heimkinosichtungen. Sie stiegen auch dank Video-on-demand von 92 auf 115, wohingegen die Kinobesuche von 58 auf 46 zurückgingen. In der Summe macht das also 161 Filme, die ich aus 2012 mitgenommen habe – ein neuer Rekord. Wen lediglich meine zehn Top-Filme aus diesem Jahr interessieren, der scrollt wie immer einfach zum Ende des Beitrags. Alle anderen nehme ich nun mit auf eine Rekapitulation des Filmjahres 2012.

Wie soeben erwähnt, gingen meine Kinobesuche nochmals zurück, sodass sie dieses Jahr nur knapp 29 Prozent der Gesamtsichtungen ausmachten. Nicht einberechnet sind hierbei die Wiederholungssichtungen von Drive und Beasts of the Southern Wild, die ich beide zwei Mal im Kino gesehen habe. Insgesamt entfielen zwei Drittel meiner 46 bzw. 48 Kinobesuche zudem auf Pressevorführungen, was immerhin nur vier weniger als im Vorjahr sind, aber dennoch im Vergleich dazu eine Steigerung von sieben Prozent. Entsprechend verzichtete ich darauf, einige Filme in den Lichtspielhäusern zu sehen und wartete dafür auf die Kostengünstigere Heimauswertung, die auch den bedeutenden Vorteil der Sichtung im Originalton mit sich brachte.

Rückläufig waren auch die deutschen Besucherzahlen im Kino gegenüber 2011 – trotz einer Unmenge an Sequels, Prequels und Remakes. Dennoch zählten sieben der zehn populärsten Filme in Deutschland zu einem Franchise – genauso wie die drei Werke mit den besten Bewertungen in der Internet Movie Database (IMDb). An deren Spitzenplatz setzte sich Christopher Nolans Batman-Trilogieabschluss The Dark Knight Rises mit 8.5/10 durch, gefolgt von Peter Jacksons Trilogieauftakt The Hobbit: An Unexpected Journey und Joss Whedons Superhelden-Sammelsurium The Avengers mit jeweils 8.2/10 (Stand: 31.12.2012). Zumindest dieses Jahr ist also auf die Fantasy-Fanboy-Armada wieder Verlass gewesen.

Zwei dieser Filme rankten sich auch um den Titel des ertragreichsten Film des Jahres. Mit einem erheblichen Vorsprung setzte sich dabei Marvel’s The Avengers durch, der mit einem Einspiel von rund 1,5 Milliarden Dollar Harry Potter and the Deathly Hallows: Part II als dritterfolgreichsten Film aller Zeiten (Inflationsunbereinigt) ablöste. Auf dem dritten Platz folgte The Dark Knight Rises, der immerhin auch ohne die Hilfe von 3D die Milliarden-Grenze überschritt. Selbiges pushte Skyfall auf Platz 2, nunmehr der finanziell lukrativste Bond-Film aller Zeiten – weshalb Sam Mendes wohl auch Abenteuer Nummer 24 für 2014 inszenieren darf. Auf dem vierten Rang landete The Hobbit, der ebenfalls die Milliarden-Grenze knackte.

Ohnehin hat James Bond den Zwergen und Hobbits aus Mittelerde ziemlich unerwartet finanziell den Mittelfinger gezeigt. Zumindest Europa war dem Geheimagent ihrer Majestät nämlich hörig, brach Skyfall in dessen Heimat Großbritannien doch alle Kassenrekorde und spielte doppelt so viel ein wie The Avengers. Auch in Frankreich setzte sich der Film an die Spitze, genauso wie in den Benelux-Nationen, im Norden von Dänemark über Schweden bis Finnland sowie im Süden in Griechenland und sogar in Nigeria. Dagegen stieg der dunkle Ritter nur in Ägypten wie Phönix aus der Asche, wo The Dark Knight Rises den ersten Platz beanspruchte. Und auch sonst triumphierten eigentlich nur zwei andere Filme noch den Globus.

Klar, die Erdenrächer der Avengers rund um Iron Man und Co. schnappten sich sowohl in den USA als auch international den Titel des Kassenprimus. Zuvorderst ist Marvels Film-Coup aber in englischsprachigen Nationen wie Ozeanien oder Südafrika der Spitzenreiter gewesen, sowie in Teilen von Mittel- und Lateinamerika. Namentlich waren dies Bolivien, Brasilien, Mexiko und Ecuador, wohingegen Argentinier, Kolumbianer, Peruaner, Uruguayer und Venezolaner lieber Abkühlung bei Ice Age: Continental Drift suchten. Das vierte Abenteuer von Manny, Diego und Sid reklamierte auch den Ostblock in Europa für sich, mit den Spitzenplätzen in Russland, Tschechien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Kroatien und der Slovakei.

Lediglich Polen und die Ukraine zogen anderes digitales Viehzeug vor und huldigten gemeinsam mit Portugal DreamWorks’ Madagascar 3: Europe’s Most Wanted. Patriotisch gaben sich dagegen wieder mal die Türken, die mit Fetih 1453 ebenso eine nationale Produktion zum Jahressieger erklärten wie auch die Norweger (Kon-Tiki), Südkoreaner (Dodookdeul), Japaner (Umizaru 4: Brave Hearts) und Italiener (Benvenuti al nord). In Spanien obsiegte mit Lo imposible ebenso der Patriotismus, wenn die auf wahren Ereignissen basierende Geschichte auch mit britischen Darstellern verfilmt wurde. Und Deutschland? Hierzulande eroberte der letztjährige Frankreich-Hit Intouchables die Herzen von über 8,8 Millionen Teutonen.

Zu Eroberern avancierte auch eine Handvoll von Schauspielern, die 2012 sicher in bester Erinnerung behalten werden. Zum Beispiel Jonah Hill, der für Moneyball als bester Nebendarsteller eine Oscarnominierung erhielt und mit seinem Reboot von 21 Jump Street einen veritablen Hit vorlegte. Gefragt waren auch Bryan Cranston (6 Filme, u.a. Argo), Tom Hardy (5 Filme, u.a. Tinker, Tailor, Soldier, Spy) und Ronald Zehrfeld (4 Filme, u.a. Barbara). Viel Lob heimste Matthew McConaughy ein, der sich dank Nebenrollen in den Drama-Komödien Magic Mike, Bernie und Killer Joe in den Vordergrund spielte. Bei den Damen dagegen stellt am ehesten noch Elizabeth Olsen (Martha Marcy May Marlene) eine Gewinnerin dar.

Nicht nur die Jury des Filmfestivals Max Ophüls Preis, sondern auch mich beeindruckte dieses Jahr die Leistung von Peri Baumeister als dem Inzest verfallene Pianistin in Tabu – Es ist die Seele ein Fremdes auf Erden. Auf der Gegenseite hinterließ der stets überzeugende Michael Shannon einen nachhaltigen Eindruck als paranoider Prophet respektive prophetischer Paranoiker in Take Shelter. Den Titel Newcomer des Jahres verdient sich Ezra Miller durch sein variables Spiel in We Need to Talk About Kevin und The Perks of Being a Wallflower. Zum besten Animationsfilm des Jahres avanciert Pixars vergnüglicher Brave und im Fernsehen setzte sich The Newsroom hauchdünn vor Hälfte 1 der 5. Staffel von Breaking Bad durch.

Wofür wird 2012 nun rückblickend stehen? Für die wenig angenommene Einführung von 48fps in The Hobbit? Für den Triumphzug der Franchises angesichts dessen, dass die zehn erfolgreichsten Filme des Jahres allesamt auf Vorläufern basieren? Und 2013 verspricht nicht besser zu werden, angesichts von Iron Man 3, Thor 2, Star Trek Into Darkness, The Hobbit: The Desolation of Smaug, Catching Fire, Monsters University oder Man of Steel. Originelles Kino wird immer seltener werden, Abhilfe versprechen da wohl nur Dokumentarfilme, die für mich längst die bessere Unterhaltung liefern. Aber genug geredet, es folgen die zehn von mir favorisierten Filme aus 2012, mit den Runner Ups und Flop Ten in den Kommentaren:


10.John Carter(Andrew Stanton, USA 2012): Nach 80 Jahren in der Planung kam dieses Fantasy-Pulp-Debüt von Tarzan-Schöpfer Edgar Rice Burroughs dieses Jahr schließlich in die Kinos und scheiterte zuvorderst daran, dass Disney zu blöd war, dieses beeindruckende Spektakel um Existenzpolitik, Bürgerkrieg und A Hero’s Journey gescheit zu vermarkten. Zu unrecht gescheitert gilt daher dieses tolle Weltraum-Fantasy-Epos mit liebevollen Figuren, eindrucksvollen Effekten und ausreichend Selbstironie.

9.The Invisible War(Kirby Dick, USA 2011): Im US-Militär fallen mehr Soldatinnen einer Vergewaltigung durch einen Kameraden zum Opfer als dem Beschuss des Feindes. In dieser erschreckenden Dokumentation deckt Kirby Dick auf, dass unglaubliche 98 Prozent aller Vergewaltiger ungestraft davonkommen und ein US-Gericht diese Verbrechen lediglich als „Berufsgefahr“ abgetan hat. Es zeigt sich, dass der einst berühmte US Army-Slogan “Be All You Can Be” für viele der Soldaten wenig bedeutet.

8.We Need to Talk About Kevin(Lynne Ramsay, USA/UK 2011): Stets steht nach einem Schulmassaker die Frage nach dem Auslöser im Raum. Lynne Ramsay hat darauf in ihrem Film keine direkte Antwort, avanciert ihre Geschichte einer Mutter und ihres Sohnes doch zum zwischenmenschlichen Familiendrama mit Psycho-Horror-Anleihen. Die starke Mise-en-scéne sich wiederholender Handlungs-, Bild- und Farbelemente hinterlässt mit dem exzellenten Ensemble um Tilda Swinton einen bleibenden Effekt.

7.Die Unsichtbare(Christian Schwochow, D/F 2011): Zwar kommt der zweite Film Schwochows im Schatten von Aronofskys Black Swan daher, ist jedoch so viel besser als dieser in seinem Drama einer jungen Frau, die im Rampenlicht der Bühne ihre Introvertiertheit ablegen muss und sich im Laufe des vom Regisseur angetriebenen Identitätsbildungsprozesses immer mehr zu verlieren droht. Schwochow untermauert hiermit, dass er die größte, wenn nicht sogar die einzige deutsche Filmhoffnung ist.

6.Project Nim(James Marsh, USA/UK 2011): Nur rund ein Prozent des DNS-Materials unterscheidet den Homo sapiens vom Schimpansen. Wie viel Mensch steckt also im Affen? Das fragten sich US-Forscher in den 1970ern und zogen die Tiere unter Menschen mittels Zeichensprache groß. Eines dieser Projekte rollt James Marsh nochmals mit allen Beteiligten auf und verrät dabei weniger darüber, wie viel Mensch in einem Schimpansen steckt, sondern mehr, wie wenig Mensch doch tatsächlich im Menschen.

5.Drive(Nicolas Winding Refn, USA 2011): Die einen lieben ihn und die anderen hassen ihn – doch die meisten wissen immerhin den exzellenten Soundtrack zu schätzen, den Besten des Jahres. Refn inszeniert hier eine ruhige, bedächtige Gangster- und Liebesballade mit ordentlich Flair der 80’s und Filmen wie William Friedkins Live and Let Die in L.A. huldigend. Charakteristisch ist dabei der stete Wechsel zwischen unterkühltem Drama und überfallartiger Action in diesem wohl stylischsten Film des Jahres.

4.The Imposter(Bart Layton, UK 2011): Jährlich werden in den USA beinahe 800.000 Kinder als vermisst gemeldet, aber bis 1997 kam es noch nie vor, dass sich jemand als solches vermisstes Kind ausgegeben hat, um dessen Identität anzunehmen. Layton erzählt in seinem Doku-Thriller eine Geschichte zweier verlorener Jungen, “so bizarre, it’s hard to believe it’s true”. Mit dem vielleicht besten Reenactment aller Zeiten und Frédéric Bourdin – dem charismatischsten Antagonisten des Filmjahres 2012.

3.Amour(Michael Haneke, F/D/A 2012): Wahre Liebe zeigt sich weniger in den guten als in den schlechten Zeiten. Unter anderem auch, wenn der eine Partner körperlich abhängig vom anderen wird. Wie geht man mit dem Leiden eines geliebten Menschen um? Haneke inszeniert einen solchen körperlichen Verfall auf eindrucksvolle und eindringliche Weise im Stile eines Kammerspiels. Die Klasse seines Dramas verdankt sich dabei auch zuvorderst dem herausragenden Spiel von Trintignant und Riva.

2.Beasts of the Southern Wild(Benh Zeitlin, USA 2012): Mit seinem Debütfilm gelang Zeitlin ein modernes Indie-Filmmärchen, audiovisuell herausragend inszeniert in seiner Darstellung einer Coming-of-Age-Story über Themen wie das Loslassen und Festhalten von Objekten, Personen und Werten. Überzeugend ist nicht nur der beste Score von 2012, sondern in Dwight Henry und Quvenzhané Wallis auch zwei Laiendarsteller, die diesen magischsten Film des Jahres im Alleingang schultern können.

1.The Interrupters(Steve James, USA 2011): Egal ob Avengers, Batman oder Spider-Man, gegen Ameena Matthews vom Interventionsprogramm CeaseFire stinken sie alle ab. James’ dokumentarische Begleitung von drei Chicagoer Gewalt-Mediatoren ist nicht nur mitreißend und ausgesprochen bewegend, sondern veranschaulicht auch exzellent, wozu Menschen im Stande sind, wenn sie ihre zweite Chance ergreifen. Schließlich ist es für Wiedergutmachung, so die klare Botschaft des Films, nie zu spät.

Filmtagebuch: Dezember 2012

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2 DAYS IN NEW YORK
(D/F/B 2012, Julie Delpy)
6.5/10

56 UP
(UK 2012, Michael Apted)
8/10

THE AMBASSADOR
(DK 2011, Mads Brügger)
4/10

AN AMERICAN TAIL [FEIVEL, DER MAUSWANDERER]
(USA 1986, Don Bluth)
5.5/10

ANCHORMAN: THE LEGEND OF RON BURGUNDY [EXTENDED CUT]
(USA 2004, Adam McKay)
9.5/10

ARBITRAGE
(USA 2012, Nicholas Jarecki)
7/10

ARGO
(USA 2012, Ben Affleck)
5.5/10

THE ARTIST
(F/B/USA 2011, Michel Hazanavicius)
7.5/10

ATTENBERG
(GR 2010, Athina Rachel Tsangari)
6/10

BACK TO THE FUTURE
(USA 1985, Robert Zemeckis)
9/10

BEYOND THE BLACK RAINBOW
(CDN 2010, Panos Cosmatos)
3/10

BOMBAY BEACH
(USA 2011, Alma Har’el)
6.5/10

BOOK CHON BANG HYANG [THE DAY HE ARRIVES]
(ROK 2011, Hong Sang-soo)
6/10

CLOUD ATLAS
(USA/D/HK/SGP 2012, Lana Wachowski/Tom Tykwer/Andy Wachowski)
7/10

DARK HORSE
(USA 2011, Todd Solondz)
5.5/10

THE DARK KNIGHT RISES
(USA/UK 2012, Christopher Nolan)
3.5/10

THE DEEP BLUE SEA
(UK/USA 2011, Terence Davies)
5.5/10

THE DESCENDANTS
(USA 2011, Alexander Payne)
6.5/10

DEXTER - SEASON 7
(USA 2012, John Dahl/Steve Shill u.a.)
7.5/10

DRIVE
(USA 2011, Nicolas Winding Refn)
7.5/10

FRIENDS WITH KIDS
(USA 2011, Jennifer Westfeldt)
6/10

THE GIRL WITH THE DRAGON TATTOO
(USA/S/N 2011, David Fincher)
3/10

THE HOBBIT: AN UNEXPECTED JOURNEY
(USA/NZ 2012, Peter Jackson)
3.5/10

HODEJEGERNE [HEADHUNTERS]
(N/D 2011, Morten Tyldum)
6.5/10

HOLY MOTORS
(F/D 2012, Leos Carax)
7/10

HOME ALONE
(USA 1990, Chris Columbus)
10/10

HOME ALONE 2: LOST IN NEW YORK
(USA 1992, Chris Columbus)
9/10

HWANGHAE [THE YELLOW SEA]
(ROK/HK/USA 2010, Na Hong-jin)
7.5/10

ICE AGE: CONTINENTAL DRIFT
(USA 2012, Steve Martino/Mike Thurmeier)
4.5/10

THE IMPOSTER
(UK 2012, Bart Layton)
8.5/10

INDIE GAME: THE MOVIE
(CDN 2012, Lisanne Pajot/James Swirsky)
7.5/10

THE INTERRUPTERS
(USA 2011, Steve James)
8.5/10

THE INVISIBLE WAR
(USA 2012, Kirby Dick)
7.5/10

JOHN CARTER
(USA 2012, Andrew Stanton)
7.5/10

TO LIVE AND DIE IN L.A.
(USA 1985, William Friedkin)
7/10

MARINA ABRAMOVIĆ: THE ARTIST IS PRESENT
(USA 2012, Matthew Akers/Jeff Dupre)
7/10

MEN IN BLACK 3
(USA/UAE 2012, Barry Sonnenfeld)
3/10

MISS BALA
(MEX 2011, Gerardo Naranjo)
5.5/10

MONEYBALL
(USA 2011, Bennett Miller)
7/10

MONSIEUR LAZHAR
(CDN 2011, Philippe Falardeau)
6.5/10

MOONRISE KINGDOM
(USA 2012, Wes Anderson)
8/10

THE MYTH OF THE AMERICAN SLEEPOVER
(USA 2012, David Robert Mitchell)
5/10

THE PERKS OF BEING A WALLFLOWER
(USA 2012, Stephen Chbosky)
6/10

PROJECT NIM
(USA/UK 2011, James Marsh)
8.5/10

PROJECT X
(USA 2012, Nima Nourizadeh)
3/10

PROMETHEUS
(USA/UK 2012, Ridley Scott)
4/10

ROCK OF AGES
(USA 2012, Adam Shankman)
4.5/10

SEARCHING FOR SUGAR MAN
(S/UK 2012, Malik Bendjelloul)
8/10

SERBUAN MAUT [THE RAID]
(RI/USA 2011, Gareth Evans)
5.5/10

SHAME
(UK 2011, Steve McQueen)
7.5/10

A SIMPLE PLAN
(USA/UK/F/D/J 1998, Sam Raimi)
7/10

SKYFALL
(UK/USA 2012, Sam Mendes)
4/10

SOMETHING FROM NOTHING: THE ART OF RAP
(USA/UK 2012, Ice-T/Andy Baybutt)
5.5/10

SONS OF ANARCHY - SEASON 5
(USA 2012, Paris Barclay/Peter Weller u.a.)
7.5/10

TABU
(P/BR/D/F 2012, Miguel Gomes)
5/10

TAKE SHELTER
(USA 2011, Jeff Nichols)
7.5/10

TERRI
(USA 2011, Azazel Jacobs)
6.5/10

THAT’S MY BOY
(USA 2012, Sean Anders)
7.5/10

DIE THOMANER
(D 2012, Günter Atteln/Paul Smaczny)
7/10

TINKER, TAILOR, SOLDIER, SPY
(UK/F/D 2011, Alfred Tomason)
6/10

TOMBOY
(F 2011, Céline Sciamma)
7/10

A TORINÓI LÓ [THE TURIN HORSE]
(H/F/D/CH/USA 2011, Béla Tarr/Ágnes Hranitzky)
5/10

UNDEFEATED
(USA 2011, Daniel Lindsay/T.J. Martin)
7.5/10

UNIVERSAL SOLDIER: DAY OF RECKONING
(USA 2012, John Hyams)
7.5/10

DIE UNSICHTBARE
(D/F 2011, Christian Schwochow)
7.5/10

WARRIOR
(USA 2011, Gavin O’Connor)
7.5/10

WE NEED TO TALK ABOUT KEVIN
(USA/UK 2011, Lynne Ramsay)
7.5/10

W CIEMNOŚCI [IN DARKNESS)
(PL/D/CDN 2011, Agnieszka Holland)
6.5/10

Werkschau: Andrew Dominik


CHOPPER
(AUS 2000, Andrew Dominik)
6/10

THE ASSASSINATION OF JESSE JAMES
BY THE COWARD ROBERT FORD

(USA/CDN/UK 2007, Andrew Dominik)
8.5/10

KILLING THEM SOFTLY
(USA 2012, Andrew Dominik)
4/10

Misfits - Season One

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If a bear and a shark had a fight, who would win?

Es ist ein Bild des Schreckens, das sich dem Zuschauer in Misfits bietet. Junge Erwachsene, gekleidet in Cardigans und farblosen Kleidern, die den Drogen abgeschworen haben, um ihr Potential aufzuschöpfen. Zumindest für den Taugenichts Nathan (Robert Sheehan) ist das der Schock schlechthin. “We had it all”, ruft er seinen Altersgenossen zu. “We fucked up bigger and better than any generation that came before us.” Es handelt sich um die Klimax der sechs Folgen umfassenden ersten Staffel zur Superhelden-Serie von Howard Overman über fünf Nicht-Konformisten, allerdings eben eher für Serien-Konformisten. Eine britische Version von NBC’s Heroes quasi – nur gewitzter, zynischer und mit mehr Sexappeal.

Darin wird eine Gruppe jugendlicher Delinquenten bei der Ausübung ihrer Sozialstunden von einem mysteriösen Sturm überrascht und vom Blitz getroffen. Fortan entwickeln die fünf jungen Erwachsenen übernatürliche Kräfte, angepasst an ihren jeweiligen Charakter. Da ist Curtis (Nathan Stewart-Jarrett), ein wegen Drogenbesitzes verurteilter Athlet, der die Zeit zurückdrehen kann, die promiskuitive Alisha (Antonia Thomas), die per Körperkontakt bei ihrem Gegenüber sexuelle Erregung auslöst, der unscheinbare und introvertierte Simon (Iwan Rheon), der sich unsichtbar werden lässt und die prollige Kelly (Lauren Socha), die ihre Meinung auf der Zunge trägt und plötzlich mit telepathischen Kräften versehen wird.

Und weil bei dem Sturm ihr Bewährungshelfer wahnsinnig wurde und die Teenager ihn töten mussten, werden sie fortan mehr durch die Tat denn ihre Superkräfte zu einem verschworenen Haufen. Und im Gegensatz zu anderen Protagonisten mit übernatürlichen Fähigkeiten, allen voran natürlich den Artverwandten Heroes, dreht sich für diese „Helden“ ihr Alltag fortan nicht darum, anderen Menschen zu helfen. Und sie verlieren sich, bis auf gelegentliche Ausnahmen im Fall von Alisha oder Simon abgesehen, auch nicht in einer hedonistischen Ausübung dieser Kräfte wie im vergangenen Jahr von den Figuren in Chronicle. Vielmehr bereiten ihnen die neu erworbenen Fähigkeiten mehr Probleme als ihnen lieb ist.

Nur weil es sich bei Misfits um eine „Superhelden“-Serie handelt, sollte der Zuschauer jedoch keine ausufernde Darstellung dieser Kräfte erwarten. Die britische Fernsehserie ist nicht X-Men, sodass die Präsentation der jeweiligen Fähigkeiten ziemlich rudimentär ausfällt. An sich sind ohnehin nur die Kräfte von Simon und Curtis wirklich optisch erkennbar und im Fokus der Serie steht auch nicht so sehr die Anwendung dieser Kräfte, sondern die Interaktion der Gruppe miteinander und ihrer Umgebung. Dazu gehört vor allem ihre neue Bewährungshelferin Sally (Alex Reid), die wiederum – zurecht – die Jugendlichen verdächtigt, für das Verschwinden ihres Vorgängers und zugleich Verlobten verantwortlich gewesen zu sein.

Von Vorteil ist hierbei auch, dass sich die Serie ganz wie man es aus Großbritannien gewohnt ist nicht lang und breit über zwei Dutzend Folgen erstreckt, sondern in ihren viereinhalb Stunden Laufzeit relativ kompakt daherkommt. Ein weiterer Trumpf ist dabei Robert Sheehans Nathan, sowohl die Figur selbst als auch ihr Darsteller. Kontinuierlich als „Arschloch“ oder „Trottel“ von den anderen Delinquenten tituliert, erhält Sheehan stets die vorzüglichsten Dialogzeilen in den Mund gelegt, die der Ire mit seinem unvergleichlich flamboyanten Spiel zum Herzstück von Misfits garniert. Aber generell verdient sich der den Folgen innewohnende Humor, der oftmals zynische Züge annimmt, alles Lob der Welt.

Man kommt folglich nicht umhin, im Laufe der ersten Staffel mehrfach in Gelächter auszubrechen. Beispielsweise in einer Hommage an The Big Lebowski während Episode 4, die zugleich mit einem Cameo von Dexter Fletcher aufwartet. Am überzeugendsten gerät Episode 2, aber eigentlich fallen alle geraden Episoden herausragend aus, wohingegen bloß Episode 5 etwas abflacht, aber eher, da sie die Entwicklungen im Staffelfinale vorbereitet. Summa summarum kann Misfits nur jedem Serienfreund ans Herz gelegt werden, handelt es sich doch um eine der besten ersten Staffeln, die man zu Gesicht kriegen wird. Wenn auch die Figuren in Misfits nur bedingt Helden sind, so ist zumindest die Serie selbst ganz klar super.

8.5/10

Beauty Day

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Are you ready to go, people?

Vor 13 Jahren stürmten Johnny Knoxville und seine Jackass-Crew mit ihren wahnwitzigen Stunts und Albernheiten den Fernsehsender MTV. Es wurde geblödelt und die eigene Gesundheit gefährdet – zur allgemeinen Belustigung des Publikums. Dabei war das Konzept damals ein alter Hut, zumindest in St. Catharines, Kanada. Dort hatte Ralph Zavadil als Cap’n Video bereits zehn Jahre zuvor Eier durch die Nase konsumiert und sich im Winter nur in Unterwäsche von seinem Dach gestürzt. Als er jedoch während eines Oster-Specials 1995 einige Haustiere gefährdete, verlor Zavadil seinen lokalen TV-Sendeplatz. In seinem Debüt Beauty Day rekapitulierte Jay Cheel vor zwei Jahren nun die Karriere von Cap’n Video.

Als unerwarteter und im wahrsten Sinne des Wortes ausgesprochen harter Einstieg in seine Dokumentation dient dem kanadischen Regisseur dabei Zavadils berüchtigster Stunt. Von einer meterhohen Leiter wollte sich dieser auf die Abdeckplane seines Swimming Pools stürzen. Nur federte die Leiter beim Absprung so sehr, sodass Zavadil statt auf der Poolplane mit dem Kopf auf dem Zement landete und sich mehrere Halswirbel brach. “There were a couple of stunts that I did that didn’t go exactly as planned”, gesteht er gegenüber Cheel. Dazu zählte nicht nur jener lebensgefährliche Pool-Stunt, sondern auch sein Versuch, sich mit aufgetragenem und in Brand gestecktem Alkohol zu rasieren (“instant razor in a bottle”).

“It was unpredictable, it was goofy, it was dangerous”, erinnert sich der Lokaljournalist John Law. “It was pretty hardcore stuff.” Das scheint Zavadil jedoch in die Wiege gelegen worden zu sein, wie Privatvideos seines Vaters zeigen, der auch gerne mal von Tischen in Pools tauchte. Vielleicht hatte seine lebensmüde Art auch mit seiner Krebserkrankung im Kindesalter zu tun, lernte Zavadil doch früh, dass das Leben gelebt werden muss. “If there was something he could do, he would do it”, bestätigt seine Mutter Barbara und ergänzt: “If there was something he couldn’t do, he’d try”. Eine Stelle in einer regionalen Fabrik kündigte der Alkoholiker, um sich selbst zu verwirklichen. Und so war letztlich Cap’n Video geboren.

Cheel streift im Folgenden dann auch eine von Zavadils Beziehungen zur Motorradfahrerin Nancy Dewar, deren Liaison nach einem schweren Unfall von Dewar zerbrach, und eine uneheliche Tochter, zu der er im Teenageralter schließlich Kontakt aufnimmt. Hier zeigt sich jedoch auch der Makel von Beauty Day, gerät die Dokumentation doch in ihrem zweiten Akt ausgesprochen unausgewogen. Zavadils Krebserkrankung, die Beziehungen zu Dewar und der Tochter sowie der Alkoholismus werden bloß angerissen, ohne richtig aufgearbeitet und eingeordnet zu werden. Wieso man Zavadil nach seinem Geständnis, er sei Alkoholiker zudem in praktisch jeder zweiten Szene Alkohol trinken sieht, wirft Fragen auf.

Obschon diese Episoden zwar das Profil von Zavadil schärfen, dümpeln sie thematisch doch etwas vor sich hin. Umso dankbarer ist man auch als Zuschauer, wenn Cheel im dritten Akt schließlich einen roten Faden serviert bekommt als Zavadil für 2010 eine Jubiläumssendung von Cap’n Video plante. Denn die Videos von Zavadils Kunstfigur und dessen Reminiszenz sind die Stärken der Dokumentation. Gemeinsam mit seinem besten Freund Robert Buick macht sich also der Kanadier daran, neue und immer noch nicht ungefährliche Stunts zu inszenieren – dabei immer begleitet von Cheel sowie seinem Produzenten und „Tontechniker“ Roman Pizzacalla, die als bloße Zwei-Mann-Crew die Dreharbeiten bestritten.

Angesichts des schmalen Budgets und der kleinen Crew, Cheel übernahm auch die Kameraarbeit, zeichnet Beauty Day insbesondere dafür, dass es sich um eine DVD handelt, ein hervorragendes Bild und viele schöne Motive aus. Das umfangreiche Archivmaterial von Cap’n Video überzeugt derweil wohl speziell Fans der Jackass-Zoten. Bedeutend ist jedoch, dass Zavadil ein sehr liebenswerter Chaot ist, den man gerne begleitet. “No matter what happens to him he always looks on the bright side of things”, verrät Cheel einem im Audiokommentar. Und wenn sich auf Ralph Zavadil oder eben auch die Johnny Knoxvilles, Steve-O’s und Co. ein Sprichwort münzen ließe, dann vermutlich das klassische “boys will be boys”.

6/10

Misfits - Season Two

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We’re lazy and incompetent. We’re practically handicapped.

Trotz aller Freiheiten, die der Pay-TV-Sender HBO in den USA genießt, wird man lange suchen müssen, ehe man auf diesem eine Serie findet, in der eine Figur versucht, sich selbst oral zu befriedigen. Howard Overmans Misfits gibt sich in ihrem zweiten Jahr nochmals eine Spur dreckiger und frecher, zugleich hadert die zweite Staffel jedoch damit, dass sich der Kosmos unserer fünf jungen Delinquenten etwas weitet. Die Folge sind vermeintlich epischere Handlungsstränge und Konfrontationen mit anderen „Superhelden“, die allerdings nicht vollends so zu zünden vermögen, wie vermutlich gewollt. Dementsprechend macht die Serie immer noch durchweg ordentlich Spaß, baut jedoch leider auch etwas ab.

Davon ist zu Beginn aber zum Glück noch nichts zu merken. Im Gegenteil, knüpft Episode 1 doch nahtlos an die Ereignisse der ersten Staffel an. Nachdem endlich Nathans (Robert Sheehan) Kraft der Unsterblichkeit gelüftet ist, beschäftigt die Gruppe bald darauf dann wieder mal ihr Lieblingsthema: tote Bewährungshelfer. Denn während Sally (Alex Reid) noch „entsorgt“ werden muss, gilt es darauf zu achten, dass ihr Ersatz Shaun (Craig Parkinson) sich nicht den Spitznamen ‘Shaun of the Dead’ abholt. Hinzu kommt ein mysteriöser maskierter Schutzengel, der den Fünf stets in der Not zur Seite steht, neue Beziehungsgeflechte und aller guten Vorsätze zum Trotz natürlich dennoch wieder jede Menge Leichen.

Bezeichnend ist dabei, dass die Gruppe ihre Kräfte immer noch in den selteneren Fällen einsetzt. Man könnte sogar kritisieren, dass sie das Potential ihrer Fähigkeiten sogar selten bis nie wirklich ausschöpfen, wobei auch in dieser Staffel ihre soziale Interaktion im Fokus steht. So konfrontiert ziemlich überraschend die zweite Folge Nathan mit einem ihm bis dato unbekannten Halbbruder, was zu einem weiteren Gastauftritt von Dexter Fletcher als deren Vater führt. Simon (Iwan Rheon) wiederum kriegt es mit alten und neuen romantischen Bekanntschaften zu tun, während Alisha (Antonia Thomas) und Curtis (Nathan Stewart-Jarrett) ebenfalls frische Partner in ihrem Leben willkommen heißen dürfen.

Was der zweiten Staffel fehlt, ist ein roter Faden oder ein Ziel, auf das es hinzuarbeiten gilt. Stattdessen grast Overman einige Handlungselemente oberflächlich ab, beschäftigt sich aber nicht eingehender mit den jeweiligen plot points. Zum Beispiel spielt die Tatsache, dass in wenigen Wochen gleich zwei Bewährungshelfer und zwei – bzw. drei, zählt man Nathan dazu – Delinquenten ums Leben kamen, keine Rolle. Und während Misfits beginnt, sich mehr in Heroes-Gefilde zu begeben, wird auch dies nicht konsequent zu Ende gedacht, wenn einer der Freunde aus der Zukunft in die Gegenwart reist oder es die Jugendlichen später mit einem Gleichgesinnten zu tun bekommen, der seine „Artgenossen“ jagt und tötet.

Unterdessen werden Beziehungen, die lange vorbereitet wurden, plötzlich fallen gelassen und andere auf einmal unerwartet ersetzt, während sich Overman in seinem Versuch, die Serie pompöser zu gestalten, merklich in Logiklöchern verfängt. Daher verdankt sich die Qualität der zweiten Staffel weniger den tatsächlichen Geschichten, als vielmehr den Charakteren und einigen brillant-genialen Momenten. In den meisten von diesen ist auch dieses Jahr erneut Sheehan zu sehen, dessen infantil-vulgärer Charme bisweilen jedoch überstrapaziert wird. Neben Rheon und Thomas kriegt er aber natürlich am meisten zu tun, während speziell Stewart-Jarrett und Lauren Sochas prollige Kelly in den Hintergrund gedrängt werden.

Der Höhepunkt der zweiten Staffel ist daher dann Episode 1, der Tiefpunkt dagegen das abschließende Christmas Special. Dieses wartet zwar mit einigem Drama und einer thematisch und zum Ton der Serie passenden Idee (“I’m gonna kill Jesus”) auf, wirkt aber eher hingerotzt als wohl durchdacht, nicht zuletzt in seinen Charakterdarstellungen und Kollision mit dem bisher Gezeigten. Nichtsdestotrotz ist Misfits auch in ihrem zweiten Jahr ausgesprochen vergnüglich, über weite Strecken herrlich von Overman geschrieben, dabei oftmals ein einziger Geniestreich und prinzipiell beste Unterhaltung. Ob sich dies angesichts von Sheehans Serien-Ausstieg auch über die dritte Staffel sagen lassen wird, bleibt offen.

8/10

Misfits - Season Three

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I feel like I’m being raped here, and not in a good way.

Wenn eine Serie ihren größten Star verliert, ist das in den meisten Fällen der Anfang vom Ende. So bildete George Clooneys Ausstieg aus ER den Auftakt einer über Jahre dauernden Bluttransfusion und auch The Office ist seit dem Ausscheiden von Steve Carell – aber auch davor schon – lange nicht mehr so gut wie früher. Wie es mit Howard Overmans Misfits nach dem Abschied von Robert Sheehan weitergehen würde, dürfte somit vor ein paar Jahren fraglich gewesen sein. Der Kurzfilm Vegas Baby! schrieb ihn quasi aus der Serie und stellte mit Joe Gilgun zugleich seinen Ersatz vor. Die schlechte Nachricht ist: Die dritte Staffel Misfits ist nicht so gut wie die vorherigen. Die gute Nachricht ist: Spaß macht sie trotzdem.

An der Ausgangslage der Serie hat sich wenig geändert. Ein roter Faden fehlt noch immer, vielmehr gilt es in den Episoden mehr oder weniger Persönliches zu verarbeiten und bei Bedarf einen „Super“-Kontrahenten außer Kraft zu setzen. Bemerkenswert ist, dass die Gruppe ihre Kräfte nun noch seltener einsetzt als sie es bisher schon tat. Was vielleicht auch daran liegt, dass sie nach den Ereignissen des Christmas Specials nun belanglos geworden sind. Statt Gedanken zu lesen ist Kelly (Lauren Socha) nun “a fucking rocket scientist”, Alisha (Antonia Thomas) geilt andere Menschen nicht mehr auf, sondern kann sich in sie hineinversetzen und Simon (Iwan Rheon) hat ab sofort Vorahnungen statt unsichtbar zu werden.

Zum Einsatz kommen ihre Kräfte jedoch wenig bis gar nicht, sodass man sich bisweilen fragt, warum sie sich überhaupt für diese entschieden haben. Laut Curtis (Nathan Stewart-Jarrett) blieb für ihn nur noch die Fähigkeit, sich in eine Frau verwandeln zu können, was immerhin in Episode 2 ausgiebig durchexerziert wird. Am häufigsten sehen wir jedoch Neuling Rudy (Joe Gilgun) seine gespaltene Persönlichkeit ausleben – wenn auch eher ungewollt für die Figur. Die Abstinenz von Nathan wird von Gilgun im Folgenden quasi ein-zu-eins ausgefüllt, ist dieser doch nicht minder nutzlos, vulgär und sexuell gestört als sein Vorgänger. Zumindest trifft dies auf die extrovertierte Version seiner Persönlichkeit zu.

Dem bisherigen Serien-Schema bleibt sich Misfits dann treu, wenn der pervertierte Rudy für die Lacher und bizarren Momente sorgen darf. Und auch sonst ist alles wie gehabt, wenn die fünf Delinquenten es wieder mal mit jeder Menge Leichen zu tun kriegen (“That’s a lot of killing. Even for us.”) sowie mit Koma-Weibern, Super-Geschlechtskrankheiten, Zombie-Katzen und niemand Geringerem als Adolf Hitler persönlich. Zugleich werden die Einsätze vergleichsweise erhöht, gilt es doch nicht nur eine Invasion von Zombies zu stoppen, sondern auch ein Paralleluniversum zu verhindern, in welchem die Nazis den Krieg gewonnen haben. Oder mit den Worten unserer fünf Delinquenten: “That is proper superhero shit!”.

Dennoch ist im dritten Jahr von Overmans Serie nicht alles Gold was glänzt. Angesichts der Superkräfte wird viel Potential verschenkt, denn was bringen diese, wenn sie keinerlei Verwendung finden? Auch Handlungsstränge wie Simons Identität als maskierter Helfer verlaufen eher im Sand und scheitern an etwaigen Logiklöchern. Dass die Polizei inzwischen gänzlich aufgegeben hat, der Vielzahl an vermissten Personen und Bewährungshelfern im Gemeinschaftszentrum nachzugehen, zählt da nicht einmal dazu. Es zeichnet Misfits jedoch aus, dass es die Serie trotz all dieser Mängel versteht, mit einer Handvoll brillanter Szenen oder Dialoge das Ruder in den meisten Fällen zu ihren Gunsten herumzureißen.

Nicht zuletzt verdankt sich das Gilgun und Socha, die mit den besten Dialogen und Momenten ausgestattet werden, beispielsweise wenn Kelly mit einer Kopfnuss Hitler zu Boden streckt. Gleichzeitig taucht die dritte Staffel von Misfits etwas mehr ins Pop-Kulturelle ein, mit Comic- und Zombie-thematischen Folgen, und kommentiert sich bei Gelegenheit auch gern selbst mit Meta-Zügen (“Someone’s definitely fucking with us here.”). Am meisten Spaß bereitet dagegen Episode 6, wenn Rudy alles daran setzt, seinen Penis zu retten. Jedoch folgte auf das Ende der dritten Staffel erneut ein personeller Einschnitt und sollte Misfits es schaffen, diesen zu überleben, wäre das vermutlich in der Tat dann “proper superhero shit”.

8/10

Filmtagebuch: Januar 2013

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4.3.2.1
(UK 2010, Noel Clarke/Mark Davis)
3/10

ALIEN
(USA/UK 1979, Ridley Scott)
9/10

ALIEN[DIRECTOR’S CUT]
(USA/UK 1979/2003, Ridley Scott)
9/10

ALIENS[SPECIAL EDITION]
(USA/UK 1986, James Cameron)
4.5/10

ALIEN³
(USA 1992, David Fincher)
6/10

ALIEN: RESURRECTION
(USA 1997, Jean-Pierre Jeunet)
4.5/10

AVP: ALIEN VS. PREDATOR[EXTENDED VERSION]
(USA/UK/D/CZ 2004, Paul W.S. Anderson)
5.5/10

AVPR: ALIENS VS. PREDATOR - REQUIEM
(USA 2007, Colin Strause/Greg Strause)
1.5/10

AVATAR[EXTENDED CUT]
(USA/UK 2009, James Cameron)
7.5/10

DAMSELS IN DISTRESS[ALGEBRA IN LOVE]
(USA 2011, Whit Stillman)
7/10

DEAD MEN DON’T WEAR PLAID[TOTE TRAGEN KEINE KAROS]
(USA 1982, Carl Reiner)
4.5/10

DETACHMENT
(USA 2011, Tony Kaye)
5.5/10

ER - SEASON 12
(USA 2005/06, Christopher Chulack u.a.)
7.5/10

ER - SEASON 13
(USA 2006/07, Stephen Cragg u.a.)
7.5/10

GANGSTER SQUAD
(USA 2013, Ruben Fleischer)
4.5/10

I AM
(USA 2010, Tom Shadyac)
5.5/10

LEAP OF FAITH[DER SCHEIN-HEILIGE]
(USA 1992, Richard Pearce)
6.5/10

A LIAR’S AUTOBIOGRAPHY:
THE UNTRUE STORY OF MONTY PYTHON’S GRAHAM CHAPMAN

(UK 2012, Bill Jones/Jeff Simpson/Ben Timlett)
4.5/10

THE LITTLE SHOP OF HORRORS
(USA 1960, Roger Corman)
7.5/10

LITTLE SHOP OF HORRORS
(USA 1986, Frank Oz)
8.5/10

LITTLE SHOP OF HORRORS[DIRECTOR’S CUT]
(USA 1986, Frank Oz)
9/10

THE MASTER
(USA 2012, Paul Thomas Anderson)
3.5/10

MISFITS - SEASON 1
(UK 2009, Tom Green/Tom Harper)
8.5/10

MISFITS - SEASON 2
(UK 2010, Tom Green/Owen Harris/Tom Harper)
8/10

MISFITS - SEASON 3
(UK 2011, Will Sinclair u.a.)
8/10

MISFITS - SEASON 4
(UK 2012, Nirpal Bhogal u.a.)
7/10

SPEED RACER
(USA/D/AUS 2008, Andy Wachowski/Lana Wachowski)
7.5/10

TAKE THIS WALTZ
(CDN/E/J 2011, Sarah Polley)
6/10

TEQUILA SUNRISE
(USA 1988, Robert Towne)
5.5/10

UNIVERSAL SOLDIER: DAY OF RECKONING
(USA 2012, John Hyams)
7.5/10

Werkschau: Harmony Korine


GUMMO
(USA 1997, Harmony Korine)
6.5/10

JULIEN DONKEY-BOY
(USA 1999, Harmony Korine)
4/10

MISTER LONELY
(USA/UK/F/IRL 2007, Harmony Korine)
6.5/10

TRASH HUMPERS
(USA/UK 2009, Harmony Korine)
6/10

MAC AND PLAK[KURZFILM]
(USA 2010, Harmony Korine)
4.5/10

ACT DA FOOL[KURZFILM]
(USA 2010, Harmony Korine)
7/10

UMSHINI WAM[KURZFILM]
(USA 2011, Harmony Korine)
8/10

SNOWBALLS[KURZFILM]
(USA 2011, Harmony Korine)
6.5/10

LOTUS COMMUNITY WORKSHOP[KURZFILM]
(USA 2012, Harmony Korine)
6.5/10

SPRING BREAKERS
(USA 2012, Harmony Korine)
8.5/10

Wait a Second... - Aliens (Special Edition)

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Did IQ’s just drop sharply while I was away?!

Wenige Filme, falls überhaupt welche, halten jeder Rationalität stand. In der Regel fallen einem jene Dialoge, Momente oder Szenen, die irrational erscheinen, nicht mal auf. Oder man bemerkt sie, lässt sie jedoch außer Acht, da das Geschehen so einnehmend ist. Und hin und wieder gibt es Filme, die nicht nur penetrant Fragen offen lassen, sondern durch die unmittelbare Folge weiterer solcher Fragen und Unsinnigkeiten aus dem Film reißen. Sodass man sich verstärkt fragt: “Dafuq?”. Zuletzt bei mir geschehen in James Camerons von Cineasten manisch verehrtem Aliens, der bei Rotten Tomatoes mit 98% Approval sogar Ridley Scotts Alienüberflügelt. Höchste Zeit also für eine weitere Runde “Wait a Second…”:

Den Anfang macht da die Bergung von Ellen Ripleys (Sigourney Weaver) Rettungskapsel der Nostromo zu Beginn des Films. “I should reach the frontier in about six weeks”, hatte Ripley am Ende von Alien im Logbuch aufgezeichnet. “With a little luck, the network will pick me up”, sagte sie ziemlich zuversichtlich. Umso schockierter ist sie daher, als ihr Paul Reiser company man Burke offenbart: “You were out there for 57 years”. Statt nach sechs Wochen die Grenzen unseres Solarsystems zu erreichen, flog Ripley 60 Jahre durchs All. “You had drifted right through the core systems”, sagt Burke. Die 60 Jahre sind natürlich deswegen wichtig, um dazwischen die Kolonie auf LV-426 zu etablieren. Dass ein Rettungsschiff mit Kurs ‚Solarsystem’ jedoch planlos durchs All gleitet und selbst beim Durchflug nicht per Signal aufgesammelt wird, erscheint fragwürdig.

Nachdem sich Ripley vom Kälteschlaf erholt hat, gibt es eine Anhörung ob der Vorfälle um die Nostromo, deren Zerstörung einen Schaden von 42 Millionen Dollar verursacht hat (“that’s minus payload, of course”).

Bei der Größe dieses Lastenschiffs der M-Klasse erstaunlich gering.

Laut Van Leuwen bestätigt “the lifeboat’s flight record (..) some elements” von Ripleys Bericht über die Ereignisse aus Alien. Darunter, dass die Nostromo auf LV-426 gelandet ist, aber nicht weshalb. Dass sie das Schiff gesprengt hat, aber nicht wieso. Da es sich um ein Schiff von Weyland-Yutani handelte, muss man davon ausgehen, dass die Firma den Flugschreiber manipuliert hat, zumindest lagen der Anhörung die Aufzeichnungen von MU/TH/UR nur in Auszügen vor. Interessant ist Van Leuwens Aussage, dass LV-426 “an unsurveyed planet at that time” sei.

“Unsurveyed at that time” impliziert, dass dies nicht mehr der Fall ist. Als Ripley vom Alien erzählt, wird diese nette Dame gefragt: “Are there any species like that hostile organism on LV-426?”. Die erwidert daraufhin: “No. It’s a rock. No indigenous life”. Wir können also davon ausgehen, dass LV-426 seither kartografiert wurde. Wie sonst können sich diese Herrschaften sonst sicher sein, dass er kein Leben beherbergt?

Abgesehen natürlich von den 158 Kolonisten, die seit zwei Jahrzehnten als “terraformer” auf dem Planeten leben und von denen nun Russ Jorden durch den Kolonie-Manager Al Simpson (rechts im Bild) losgeschickt wird, “out to that particular middle of nowhere on company orders”.

Jorden nimmt auf diesem Trip schließlich seine Frau und zwei Kinder mit, obschon er “past the alien range” geschickt wurde. Dies ist scheinbar die Seltenheit, aber dennoch kein Grund zur Veranlassung für Jorden, zumindest seine Kinder in Hadley’s Hope zu lassen. Interessant ist auch der Verweis auf das „Außerirdischen-Gebiet“, was wenig Sinn ergibt, wenn der Planet kein einheimisches Leben beherbergt und als erforscht gilt.

Die Jordens stoßen jedenfalls auf das außerirdische Schiff des Space-Jockeys, welches trotz seiner Größe und der Tatsache, dass LV-426 erforscht wurde, in den letzten 20 Jahren ein Mysterium geblieben war.

Umso erstaunlicher, da die Crew in Alien aufgrund eines akustischen Signals auf LV-426 landete. “It repeats at intervals of twelve seconds”, sagte Dallas. Und da die Crew der Nostromo das Signal nicht abgeschaltet hat, ist davon auszugehen, dass es auch weiterhin sendet. Komischerweise kann man es jedoch nicht einmal in Hadley’s Hope empfangen.

Nachdem Jorden von einem Facehugger attackiert wurde, gibt es einen Zeitsprung. Wir sehen Burke und Lt. Gorman das Quartier von Ripley aufsuchen. “We’ve lost contact with the colony on LV-426”, sagt Burke.

Zuvor haben wir durch Al Simpson erfahren, dass es zwei Wochen dauert, ehe auf LV-426 eine Antwort von der Erde eintrifft. Es sind also mindestens zwei Wochen seit dem Facehugger-Vorfall um Russ Jorden vergangen.

Und obschon er einen Marine mitbringt, wirft Burke zur Beruhigung von Ripley noch in den Raum: “It may just be a downed transmitter”.

Da Burke dies nicht mal selbst glaubt, wird also ein Trupp Colonial Marines ausgesendet. Angesichts der zweiwöchigen Funkverzögerung zu LV-426 im 39,5 Lichtjahre entfernten Planetensystem Zeta² Reticuli kann man davon ausgehen, dass eine Rettungsmission vermutlich außer Frage steht.

Wie lange die Reise bis zu LV-426 genau dauert, erfahren wir nicht. Lambert sagte in Alien, dass es für die Nostromo zehn Monate dauert, um zur Erde zu gelangen. Da die Sulaco-Crew zur Überbrückung in Kälteschlaf versetzt wird, dürfte es inzwischen nur unwesentlich kürzer sein.

Es schlafen jedoch nicht nur Ripley und die Marines, sondern auch Bishop (Lance Henriksen), ein Android. Wieso ein synthetisches Wesen in den Kälteschlaf versetzt wird, bleibt allerdings offen. Machte es bei Ash in Alien noch Sinn, da die Crew nicht wusste, dass er ein Android war, ist dies in Aliens obsolet. Es macht in jeglicher Hinsicht keinen Sinn, bürdet es Weyland-Yutani doch nur zusätzliche Kosten einer Kälteschlafkammer in Betrieb auf und birgt angesichts des scheinbaren Fehlens eines semi-kognitiven Bordcomputers wie MU/TH/UR nur Gefahr. Denn was passiert, wenn eine der Kammern einen Schaden hat? Wenn ein Asteroidengürtel auftaucht? Oder wenn die Sulaco an LV-426 vorbeifliegt? Schließlich haben wir zu Beginn erfahren, dass eine Kursprogrammierung bei gleichzeitigem Kälteschlaf der Passagiere fatale Folgen haben kann.

Wie es richtig geht, hat Ridley Scott im vergangenen Jahr in Prometheus gezeigt, wo der Android David (Michael Fassbender) die Lebensfunktionen der Crew überwachte und während der gesamten, vier Jahre dauernden, Reise zu LV-223 aktiv war und nicht in den Kälteschlaf versetzt wurde.

Insgesamt sind 15 Leute an Bord, davon zwei Piloten, Ripley, Burke, Bishop und Gorman. Macht am Ende lediglich neun Marines direkt im Einsatz. Erstaunlich wenig, bedenkt man, dass möglicherweise bis zu 158 Kolonisten infiziert wurden und Aliens geboren haben. Wie dem auch sei, die Truppe wird über die Mission aufgeklärt und Private Hudson (Bill Paxton) will lediglich wissen: “Is this gonna be a stand-up fight or another bug hunt?”. Die Frage suggeriert, dass es nicht der erste Kontakt mit Außerirdischen für die Colonial Marines ist. Zuvor hat Gorman gegenüber Ripley versichert: “We’ve been trained to deal with situations like this”.

Das ist umso wichtiger, da wir nochmals bestätigt bekommen, dass es sich kaum mehr um eine Rettungsmission handelt. Denn “there’s still no contact with the colony”, wie Gorman erklärt. Inzwischen wurde also fast ein Jahr lang nichts mehr von der Kolonie auf LV-426 gehört.

Die Mission beginnt und es machen sich alle 15 Mann auf den Weg zur Kolonie. Es bleibt niemand an Bord. Niemand. Was das für Folgen haben kann, wenn es zu Problemen mit dem Shuttle kommt, wird erstmal zurückgestellt. Stattdessen erfahren wir durch Nachhaken von Ripley, dass dies die bisher zweite Mission des sichtlich nervösen Lieutenant Gorman ist. Wieso Weyland-Yutani bzw. Burke jemanden mit so geringerer Erfahrung das Kommando über eine Mission erteilen, in der es gilt, Aliens zu töten oder zu Firmenzwecken gefangen zu nehmen, ist offen. Scheinbar ist Burke selbst verwundert angesichts des Blicks, den er Ripley zuwirft.

Zuvor haben wir nochmals in einer Montage gezeigt bekommen, mit wem wir es bei den Colonial Marines zu tun haben. “These Colonial Marines are very tough hombres”, hat Burke vor der Reise Ripley versichert. “There’s nothing they can’t handle.”Ähnlich wie Gorman scheinen sie jedoch nicht selektiert worden zu sein, wirken eher wie prollige Klischees. Vasquez, das Waffenverliebte Mannweib und ihr Bewunderer Drake, Ferro, die coole Pilotin, die selbst angesichts der schlechten Sichtverhältnisse auf LV-426 ihre Sonnenbrille nicht abnehmen will (Spunkmeyer braucht keine) und natürlich Hudson, der den stumpfsinnigen Pausenclown abgibt. Die beliebige Auswahl von Gorman und seinen Marines wirft ein fragwürdiges Licht auf die Intention von Weyland-Yutani. Wer gibt so viel Geld aus für eine derartige Mission, die mit derart inkompetenten Leuten besetzt wird?

Die Marines stürmen nun Hadley’s Hope und Hudson stößt bei seiner Suche nach Leben auf zwei muntere Mäuse in einem Käfig. Wieso sind die Mäuse am Leben? Wir können davon ausgehen, dass die Kolonisten vor mehreren Wochen verschleppt wurden. Hat Newt sich die Mühe gemacht, die beiden Nagetiere in schöner Regelmäßigkeit über Wochen zu füttern?

Eine Einstellung später sehen wir einen angefressenen Doughnut in einem feuchten Raum, gänzlich frei von Schimmel, der sich nach Wochen und Monaten angesetzt haben müsste. Hat Newt ihn erst am Vortag oder am Morgen angefangen zu essen und dann einfach liegengelassen?

Sowieso Newt, das ist das kleine Mädchen, das Hicks findet und das eigentlich ‚Rebecca’ heißt, aber von jedem ‚Newt’ (dt. Molch) genannt wird. “Nobody calls me ‘Rebecca’ except my brother”, verrät Newt. Dabei würde man denken, dass es eigentlich eher andersherum wäre.

Im Medical Lab entdeckt die Truppe dann konservierte Facehugger, zwei davon noch lebendig. “Surgically removed before embryo implantation”, bestätigt Bishop. Das lässt den Rückschluss zu, dass zwischen Jordens Infizierung und dem von Apone so genannten “last stand” der Kolonisten ein paar Tage vergangen sind. Vermutlich haben sie den Jorden-Vorfall also an Weyland-Yutani gemeldet, warum hat die Firma dann aber lediglich eine Einheit Marines ausgesendet, um sich das Alien zu sichern?

Derweil hat Hudson die Kolonisten in der Verarbeitungsstation ausgemacht, wohin sich die Marines auf dem Weg machen. Weil keiner dran gedacht hat, obliegt es Ripley, darauf hinzuweisen, wo sich die Marines befinden: “Right under the primary heat exchangers“. Was das bedeutet? “If they fire their weapons in there, won’t they rupture the cooling system?” Gorman ist total überfordert, weshalb es ihm Burke buchstabiert: “This whole station is basically a big fusion reactor”. Fällt ein Schuss, kann die Anlage also in die Luft fliegen. Weshalb Gorman nun, ohne zu erklären wieso, Sergeant Apone befiehlt, die Magazine der Truppe einzusammeln.

Weil die jedoch nicht nur prollige Soldaten sind, sondern eine handverlesene Elite, laden sie alle, von Vasquez bis Hicks, mal eben schnell nach. Wieso generell die Mission an diesem Punkt nicht abge- oder unterbrochen wird, ist offen. Die Marines mit leeren Händen nach den Kolonisten ohne Lebenszeichen in einer scheinbar von Aliens verseuchten Gegend suchen zu lassen, erscheint jedenfalls als eine suboptimale Idee.

Entsprechend folgt nach dem anschließenden Angriff der Aliens auch das große Rumgeballere, eine thermonukleare Explosion hin oder her.

Die Mission ist Gorman spätestens zu diesem Zeitpunkt vollkommen entglitten. Was wenig verwundert, der arme Kerl hatte zuvor erst einen Einsatz und muss nun eine Einheit übernehmen, mit der er vorher noch nie im Gefecht war. Was sich Weyland-Yutani dabei gedacht hat, ist fraglich. Außer Hicks, Vasquez und Hudson fallen jedenfalls alle Marines.

Zur Rettung wird das Shuttle gerufen, das irgendwo gelandet ist und die Ladeluke aus unbekannten Gründen geöffnet hat. Schließlich wurde der Transporter zuvor bereits abgeladen und ist zur Verarbeitungsstation gefahren. Spunkmeyer bemerkt zwar klebrigen Speichel im Innenraum, wundert sich jedoch nicht. Dabei haben alle wie von Gorman angeordnet zuvor Ripleys Bericht wälzen müssen. Ist klebriger Speichel dort nicht vermerkt? Scheinbar nicht, da Ripley, zugegeben, in Alien keinem begegnet ist. Der Hintersinn der Ladelukenöffnung angesichts der nunmehr bestätigten Anwesenheit der Aliens auf dem Planeten als solchen und innerhalb des Komplexes im Speziellen erschließt sich einem nicht.

Das Shuttle hebt nun ab, scheinbar in der Nähe des Hauptgebäudes. Warum ist es nicht mit zur Verarbeitungsstation geflogen, wenn man doch wusste, dass dort die Kolonisten sind? In den Transporter hätten sie nicht alle gepasst und für einen möglichen Rückzug, der nun eingetreten ist, wäre das Shuttle vor Ort aus militärischer Sicht hilfreich gewesen.

Spunkmeyer und Ferro werden jedenfalls nun von einem Alien getötet, das sich scheinbar in einer Solo-Mission auf dem Gelände aufgehalten hat.

Wieso das Shuttle überhaupt irgendwo abseits „geparkt“ hat, wo es zuvor doch nach dem Absetzen des Transporters wieder abgehoben ist, bleibt offen. Nun ist jedenfalls eingetreten, was man hätte vermeiden sollen: Man sitzt auf einem Planeten fest und niemand ist auf der Sulaco zurückgeblieben, um das zweite Shuttle auf LV-426 zu landen. Warum hat daran keiner gedacht? Warum hat Ripley nicht daran gedacht, schließlich ist in Alien beinahe dasselbe passiert, als die gesamte Crew in einem Shuttle auf LV-426 landete und dabei einen Schaden erlitt, der einen Tag lang repariert werden musste. Shit happens, warum also nicht zur Sicherheit jemanden auf der Sulaco lassen. Zum Beispiel Bishop.

Sowieso Bishop. Welchen Nutzen der Android bis hierhin hatte, lässt sich nicht sagen. Er ist scheinbar auch eher eine Requisite. “It’s a common practice. We always have a synthetic on board”, sagt Burke nach dem Kälteschlaf der geschockten Ripley. Selbst die Nostromo, ein einfaches Abbauschiff, hatte vor 60 Jahren bereits einen. Folglich können Androiden nicht allzu teuer sein, zumindest sind Kosten für Weyland-Yutani wenig relevant, wenn die Dinger selbst in Kälteschlaf gesetzt werden, obschon das nicht nötig ist. Hätte man nicht einen zweiten Bishop mitnehmen können und den auf der Sulaco lassen? Oder noch besser: Hätte man nicht zwei Dutzend Androiden statt die Marines mitnehmen können? Immerhin zeigen sich Androiden weitaus resistenter und stärker. Und man hätte nicht die Gefahr, dass sie durch Facehugger imprägniert werden. Unter einem befähigten Kommando gut 30 bewaffnete Androiden aussenden – klingt das nicht sinnvoller als einen Lieutenant mit praktisch null Erfahrung neu in eine Einheit zu beordern, die voll von Idioten ist? Nein?

Newt weist Ripley jedenfalls nun darauf hin, dass es bald dunkel wird und dann kommen die Aliens meistens. Was mehrere Fragen aufwirft, zum Beispiel, warum sich ein Alien von einem Tag-Nacht-Rhythmus abhängig macht? War das Alien, das Spunkmeyer und Ferro getötet hat, ein Patrouillen-Alien? Wird das nicht vermisst? Spielt das eine Rolle, wo die Aliens doch soeben in ihrem eigenen Nest angegriffen wurden? Warum stürmen sie nicht sofort Hadley’s Hope? Sie wären sicher schneller im Komplex als Ripley und Co., außerdem spielt es für den Angriff keine Rolle, ob Tag oder Nacht ist. Warum suchen die Aliens überhaupt Hadley’s Hope nach all den Monaten noch auf? Falls sie etwas übersehen haben? Letztlich ist Newts Bemerkung absolut belanglos, da so oder so von einem Alien-Angriff auszugehen ist, egal ob morgens, mittags oder abends.

Die folgende Szene ist nun sehr interessant. Ripley will von Hicks wissen: “How long after we’re declared overdue can we expect a rescue?”. Was ernst gemeint zu sein scheint, aber wenig sinnig ist, da Ripley inzwischen wissen müsste, wie lange die Strecke von der Erde bis zu LV-426 dauert. Noch interessanter ist aber Hicks’ Antwort, es seien 17 Tage. 17 Tage?

Laut Al Simpson braucht allein ein Funksignal zwei Wochen und Lambert zu Folge dauert der Flug zehn Monate. Ist nicht die Sulaco selbst ebenfalls zur Rettung angetreten? Hat sie wirklich lediglich 17 Tage gebraucht?

Warum wurde die Crew dann extra in Kälteschlaf versetzt?

Weil die Anlage wegen eines Lecks in vier Stunden in die Luft fliegen wird, müssen Ripley und Co. allmählich in die Puschen kommen. Das Reserve-Shuttle von der Sulaco lässt sich auch aus der Ferne steuern, stellt sich heraus. Man muss nur die Satellitenschüssel von Hadley’s Hope umjustieren. Ein Job für Bishop, der endlich nützlich wird. Er kriecht nun durch ein Rohr nach draußen, was 40 Minuten nach seiner Einschätzung dauert. Dazu kommt eine Stunde für die Justierung der Satellitenschüssel, 30 Minuten, um das Shuttle startklar zu machen und 50 Minuten für den Flug. Also insgesamt drei Stunden, man hätte somit noch eine Stunde für andere Dinge. Zum Beispiel, um notfalls kleine Mädchen zu retten…

Warum muss Bishop aber 40 Minuten durch das Rohr kriechen? Warum läuft er nicht einfach bzw. rennt. Schließlich sind Androiden was die Motorik angeht enorm schnell, wie Bishop in der Sulaco-Kantine gezeigt hat. Dann hätte man immerhin mehr Zeit und schließlich greifen ihn ohnehin keine Aliens an, da die alle durch den Verbindungstunnel zur Verarbeitungsstation kommen. Noch besser ist jedoch: Warum ist Bishop nicht gleich auf dem Rückweg vom Shuttle-Wrack draußen geblieben? Das hätte bestimmt eine ganze Stunde, wenn nicht sogar mehr gespart.

Derweil bringt Ripley die müde Newt ins Bett – und zwar ins Medical Lab. Dort versichert Ripley ihr: “I’m not gonna leave you”. Dann lässt sie Newt allerdings doch (allein) zurück. Gut, nur im Raum nebenan, den sie dank Sicherheitskamera immerhin die ganze Zeit überwachen kann.

Aber warum konnte Newt nicht im Kommandoraum schlafen, in der Gesellschaft aller anderen? Wäre das nicht sicherer gewesen?

Inzwischen hat Ripley die Bestätigung, dass es Burke war, der Russ Jorden zum Raumschiff und damit in seinen Tod geschickt hat (“You sent them to that log”). Sie macht ihm klar, dass sie auf der Erde dafür sorgen wird, dass das Konsequenzen für ihn hat. Der Gedanke, dass außer dem Alien auch Burke einen Selbsterhaltungstrieb hat, kommt ihr nicht.

Sie geht also zurück ins Medical Lab, um festzustellen, dass Newt verschwunden ist. Ihr überraschter Gesichtsausdruck und das Umsehen im Raum lässt darauf schließen, dass sie entgegen ihrer Versicherung gegenüber Newt nicht die Kameras gecheckt hat. Zum Glück hat in der Zwischenzeit jedoch kein Alien vorbeigeschaut. Newt ist natürlich nicht ganz verschwunden, nur unters Bett. Dahin verkriecht sich Ripley nun auch, was wiederum bedeutet, dass Hicks sie auf der Kamera nicht sehen kann, sollte er sich vergewissern wollen, ob alles in Ordnung ist.

Der Tatsache, dass Newt unbedingt ins Medical Lab musste und Burke gedroht wurde, wird nun Rechnung getragen, als dieser die beiden übriggebliebenen Facehugger mit Ripley und Newt zusammen einschließt.

Statt gemütlich in einer Ecke der Kommandobrücke zu schlummern...

...ist das Leben der kleinen Newt nun extremst gefährdet.

Und nicht nur das von Newt, sondern das von Ripley natürlich auch.

Während die Marines nun Burke erschießen wollen, besteht Ripley darauf, dass ihm kein Haar gekrümmt wird. Dann kündigen sich auch die Aliens an. “They cut the power!”, realisieren Ripley und Co. Auf ihre eigene Weise haben die Aliens herausgefunden, in welchem Raum sich die Menschen befinden und haben den Strom dieses einen Raums gekappt.

Denn wie wir später sehen, funktioniert der Strom in anderen Bereichen der Anlage sowie außerhalb noch 1a. Wie kappen die Aliens also die Stromzufuhr für diesen einen speziellen Raum? Und warum haben sie nicht schon vor ihrem Angriff auf die Kolonisten den Strom gekappt?

Im Eifer des Gefechts ergreift nun Burke die Flucht und verschließt den einzigen Ausgang hinter sich. Die Frage ist, wie er das eigentlich geschafft hat? Schließlich ist die Kommandobrücke ohne Strom. Burke selbst musste die Tür zuschieben, weil sie sich mechanisch nicht mehr bewegte und konnte kaum einen Code zum Verschließen eingegeben haben. Und wenn, woher kannte er ihn? Warum kennt ihn Ripley nicht? Wahrscheinlicher ist, dass er die Tür einfach auf- und wieder zugeschoben hat. Und dass Ripley offensichtlich zu schwach ist, schlichtweg dasselbe zu tun.

Hudson, Burke, Gorman und Vasquez fallen jedenfalls den Aliens zum Opfer, während Newt entführt wird. Ripley stürmt mit dem verletzten Hicks nach draußen zu Bishop, der auf ihre Frage, wie viel Zeit ihnen noch bis zur Explosion des Komplexes bleibt, antwortet: “Plenty! 26 Minutes!”.

Dabei hätten es nach seiner ursprünglichen Rechnung eigentlich 60 Minuten sein müssen, was bereits als knapp von Ripley angesehen wurde.

Sie fliegen nun zur Verarbeitungsstation, die, wie wir sehen, ausreichend Platz geboten hätte, um sogar darin zu landen. Ripley macht sich auf zum Nest und als sich Aliens ankündigen, ballert sie munter drauf los.

Aber war es nicht Ripley, die darauf hinwies, dass das Nest “right under the primary heat exchangers” sei? Wie war das dort noch mit Schüssen, “won’t they rupture the cooling system?”. Vermutlich ist es nun egal, ob Newt durch die Aliens stirbt oder durch eine thermonukleare Explosion.

Ripley schnappt sich Newt, wird aber von der Königin überrascht sowie zwei ihrer Handlanger. Kurzerhand droht sie also, mit ihrem Flammenwerfer eines der Eier zu zerstören. Klar, dass die Königin daher die Aliens abzieht. Schließlich ist es nicht so, dass der ganze Raum voller Eier ist und sie die Kapazität besitzt, dutzende weitere zu legen.

Alle können sich jedenfalls retten und gelangen zurück zur Sulaco. Dort überrascht die Königin, indem sie sich an Bord des Shuttles geschlichen hat und Bishop halbiert. Ripley löst nun diesen Konflikt so, wie sie ihn aus Alien kennt: Indem sie das Alien ins Weltall pustet. Musste Ripley dort noch in einem Raumanzug festgeschnallt werden, reicht es dieses Mal aus, lediglich einen Arm an einer Leiter zu verschränken. So wird auf die Druckverhältnisse gepfiffen, die Wissenschaft außer Kraft gesetzt.

Am Ende findet diese Chaos-Mission ein relativ glückliches Ende. Ripley ist den Aliens ein zweites Mal entronnen und konnte sogar ihre Ersatz-Tochter retten. Die Marines dagegen sind bis auf Hicks alle gestorben.

Natürlich auch Hudson, der angeblich nur noch vier Wochen abzuleisten hatte, aber dennoch auf eine Rettungsmission 39,5 Lichtjahre entfernt geschickt wurde, deren Rückflug mindestens sechs Monate dauert.

Der eine Verlierer des Ganzen ist Weyland-Yutani, die einen inkompetenten Offizier mit einer inkompetenten Truppe Soldaten auf eine Mission geschickt haben, die zum Scheitern verurteilt war. Der andere Verlierer ist die Rationalität, die in Aliens letztlich das allererste Opfer darstellt.


Filmausschnitte Alien, Aliens und Prometheus© 20th Century Fox Home Ent. (Hervorhebungen in den Bildern vom Verfasser vorgenommen)

5 Broken Cameras

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It takes strength to turn anger into something positive.

Man muss sich das mal vorstellen: Es klopft nachts an der Tür und als man diese öffnet, sieht man sich bewaffneten Männern gegenüber, die einem mitteilen, dass das eigene Grundstück zur Militärzone erklärt wird. Und kurz darauf wird man verhaftet, weil man sich in dieser aufhält. Was eine Szene aus NS-Deutschland sein könnte, ist seit Jahren in Israel Gang und Gäbe. So ereignete sich eine solche Szene im palästinensischen Dörfchen Bil’in im Westjordanland, als an die Tür von Emad Burnat geklopft wurde. Sie wurde von diesem selbst mit seiner Kamera als eine der vielen Episoden in seiner und Guy Davidis Dokumentation 5 Broken Cameras festgehalten, die den Kampf von Bil’in gegen die israelischen Siedler zeigt.

Was im Februar 2005 mit Burnats erster Kamera begann, um die Geburt seines vierten Sohnes Gibreel zu dokumentieren, entwickelte sich zur langjährigen Begleitung der hiesigen Protestbewegung gegen zwei israelische Siedlungen, die unweit von Bil’in errichtet wurden und den Palästinensern ihr Land raubten. Da die meisten Dorfbewohner keine Arbeit haben, sondern vom Land leben, stellt der Siedlungsbau eine Existenzgefahr für sie dar. Schließlich beschlossen die Palästinenser, jeden Freitag nach dem Gebet an der Umzäunung zu protestieren, was von Burnat mit der Kamera gefilmt wurde. 5 Broken Cameras dokumentiert aber nicht nur die Entwicklung des Protests, sondern auch die von Gibreel.

“I film to hold onto my memories”, sagt der vierfache Familienvater zu Beginn. “When something happens in the village, my instinct is to film it.” Egal ob nun israelische Soldaten in der Nacht ins Dorf kommen, um kleine Kinder zu verhaften oder die Armee Tränengas in die Massen schießt, als wären es Feuerwerkskörper an Silvester. Das Bild, das hier von Israel gezeichnet wird, ist das von Invasoren. Mit kruden Gesetzen wird den Palästinensern ihr Land geraubt und als diese dieselben Gesetze zu ihren Gunsten anwenden wollen, dies einfach ignoriert.“It takes strength to turn anger into something positive”, sinniert Burnat aus dem Off. Und dennoch ist es erstaunlich, wie positiv sich die Einwohner von Bil’in geben.

Zum Beispiel Burnats bester Freund Bassem Abu Rahma, von allen nur ‘Phil’ genannt, weil er sich so resistent wie ein Elefant gibt, für die Kinder Zuversicht ausstrahlt. Oder Adeeb, der sich wie kein Zweiter den Protest auf die Fahnen geschrieben hat. “Adeeb is always looking for an opportunity to make a scene”, verrät uns Burnat. Immer wieder sehen wir ihn, wie er die israelischen Soldaten fragt, ob sie kein Herz hätten. Und wie er sich im Spiegel ausgiebig das Gel in die Haare schmiert. Amüsiert fragt Burnat, ob er auf eine Hochzeit geht. “A day of demonstration in the village is better than any wedding”, erwidert Adeeb. Im Laufe des Films wird er angeschossen und verhaftet. Und er ist dabei nicht der Einzige.

Auch Burnat wird zur – sprichwörtlichen – Zielscheibe als eine Kugel nur knapp sein Gesicht verfehlt und seine dritte Kamera zerstört. “When I film I feel like my camera protects me. But it’s an illusion”, hatte er dabei ursprünglich gemeint. In diesem Fall rettete ihm die Kamera das Leben. Aber nicht nur die palästinensischen Dorfbewohner werden angeschossen, auch die Friedensnobelpreisträgerin Mairead Corrigan erwischte es im April 2007 am Bein. Später wird 5 Broken Cameras auch nicht um Todesfälle umhin kommen. “When someone dies, the anger is so overwhelming”, beschreibt Burnat. Eines Tages fragt ihn Gibreel, warum er die Soldaten nicht mit einem Messer tötet. Weil sie Gewehre haben, lautet die Antwort.

Und hier reißt Burnat mit seinem Film, wenn auch nur oberflächlich und ohne dem nachzugehen, eines der zentralen Themen in dem israelisch-palästinensischen Konflikt an: Dem zur Mordlust werdenden Hass aufeinander. Die Jungen von Bil’in müssen mit ansehen, wie ihre Väter, Onkel und Brüder beschossen und verhaftet werden – weil sie dafür demonstrieren, dass sie ihr Land behalten dürfen. Stirbt dann noch jemand, ist der Hass so überwältigend “that people’s feelings erupt”. Auf ihre eigene Weise erzieht Israel so seinen selbst erschaffenen „Feind“, denn bei allen Aktionen der Soldaten “it’s the anger that remains” in den Herzen der palästinensischen Kinder und Bevölkerung von Bil’in.

Erstaunlich ruhig zeigt sich dagegen Burnat selbst wenn er filmt, wie Freunde blutend auf dem Boden liegen, drei seiner Brüder verhaftet werden und sein Vater auf einen Wagen der Armee klettert, um selbst einer solchen Verhaftung zu entgehen. Vermutlich ist es seine durch die Kamera angestoßene Rolle als Beobachter, die ihm etwas Distanz verleiht und so Raum bietet, über das Gesehene und Erlebte nachzudenken. Der Titel der Dokumentation verdankt sich der Tatsache, dass zwischen Februar 2005 und Herbst 2010 ganze fünf Kameras von Burnat beschädigt wurden. Sei es von israelischen Siedlern oder durch den Beschuss von scharfer Munition beziehungsweise Gaspatronen der israelischen Soldaten.

In Anbetracht der Umstände und des Risikos, dem sich Burnat beim Drehen ausgesetzt hat, ist der Film ein eindringliches Dokument eines Konflikts, der in den Medien nicht zuletzt aufgrund vieler anderer und ähnlicher Konflikte nicht mehr viel Aufmerksamkeit erhält. Das Verhalten der israelischen Regierung mit seiner Siedlungspolitik bringt jedenfalls nur Kopfschütteln mit sich und ist nicht zuletzt deswegen erschreckend, wenn man die Parallelen zu NS-Deutschland zieht. Dieses trägt letztlich in gewisser Weise natürlich auch eine Mitschuld daran, dass aus den Opfern von damals die Täter von heute geworden sind. Umso bemerkenswerter, dass 5 Broken Cameras dieses Jahr für einen Oscar nominiert wurde.

Damit befindet sich die Dokumentation in der Gesellschaft des ebenfalls Israel-thematischen The Gatekeepers, was durchaus löblich ist, auch wenn beide gegenüber Searching for Sugar Man das Nachsehen haben dürften. Dennoch ist 5 Broken Cameras wider Erwarten auch visuell trotz des 4:3-Videomaterials durchaus ansehnlich geworden, mit vielen eingestreuten persönlichen und sinnierenden Momenten, was nicht zuletzt dem erfahreneren israelischen Co-Regisseur Guy Davidi zu verdanken sein dürfte. “I have to believe that capturing these images will have some meaning”, hofft Emad Burnat. Und angesichts der Resonanz, die sein Film auch hinsichtlich der Oscars erhält, dürfte ihm diese sicherlich gewiss sein.

7.5/10

Celeste & Jesse Forever

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How do you get a nun pregnant? You fuck her.

Bereits seit der Schulzeit kennen und lieben sich die Trend-Vorhersagerin Celeste (Rashida Jones) und Künstler-Slacker Jesse (Andy Samberg). Sie leben zusammen, verbringen ihre Zeit zusammen und sind seit sechs Jahren verheiratet. Oder waren verheiratet. Denn eigentlich haben sie bereits vor Monaten die Scheidung eingereicht, nur scheint ihr normaler Tagesablauf davon noch nichts mitbekommen zu haben. Was für merkliche Irritationen sorgt, wenn auch nur in ihrem Freundeskreis. In Celeste & Jesse Forever erzählen Rashida Jones und Will McCormack die Geschichte zweier bester Freunde, deren langjährige Beziehung nun nicht mehr funktioniert, was Konsequenzen für ihre Freundschaft haben könnte.

Hollywood-Filme über das Ende einer Beziehung sind nichts Ungewöhnliches, sodass auch dieser hier an und für sich wenig Neues zu berichten vermag. Im Laufe des Films erfahren wir, dass Celeste sich mit dem unreifen Jesse keine Zukunft vorstellen konnte, was insofern eine ironische Wendung nimmt, da dieser aufgrund eines One Night Stands plötzlich Vaterfreuden entgegenblickt. Unerwartet stellen sich Zweifel bei Kontrollfreak Celeste ein, ob ihre Entscheidung richtig war und ob sie nicht voreilig gehandelt hat. Da wissen selbst eine neue Marketingkampagne für das Pop-Sternchen Riley Banks (grauenhaft: Emma Roberts) und die Yoga-Bekanntschaft Paul (Chris Messina) wenig Ablenkung zu verschaffen.

Aus der bisherigen Beschreibung lässt sich bereits erschließen, dass es Celeste ist, die im Mittelpunkt des Geschehens steht. Sie glaubt, aus den richtigen Motiven mit Jesse Schluss gemacht zu haben und fühlt sich dann vor den Kopf gestoßen, als dieser vor ihr wieder beginnt, sich zu verabreden. Unfähig, über die Trennung hinwegzukommen, verliert sie sich im Facebook-Stalking und in Hasching-Hangouts mit Dope-Dealer Skillz (Will McCormack). Die Avancen des humorvollen Paul intensiviert sie ebenso wenig wie die Bemühungen für Riley, sodass Celeste langsam aber sicher in ihrem Leben auf der Strecke zu bleiben droht. Verzweifelt klammert sie sich an ihr altes Leben, anstatt ein neues zu beginnen.

Obschon Celeste & Jesse Forever hinsichtlich solcher Themen wie den Ex-Partner loslassen kaum Neues zu bieten hat, vermag das Drehbuch von Jones und McCormack dem bekannten Szenario zumindest einen kurzweiligen Unterhaltungsfaktor abzugewinnen. Dies ist zum einen der semi-realistischen Darstellung einer Trennung zu verdanken, die nicht von beiden Partnern vollends verarbeitet wurde, zum anderen kleineren Elementen und Szenen. Zum Beispiel einer Halloween-Party, auf der Celestes kreative Verkleidung nur noch durch die von Paul überboten wird. Oder ein Running Gag zwischen Celeste und Jesse, der zu Beginn erstmals auftaucht und gegen Ende die Katharsis der Figuren dann abschließt.

Das Ergebnis ist somit zufriedenstellend, ohne wirklich erinnerungswürdig zu sein. Statt den neuen „Partnern“ mehr Zeit zu widmen, verschenkt sie der Film an Figuren wie den von Elijah Wood gespielten Geschäftspartner von Celeste, der aus unerfindlichen Gründen versucht, seinen Gesprächen eine homosexuelle Note zu verleihen. Genauso wirken auch Riley oder Skillz nicht wirklich nötig für das, was der Film erzählen möchte. Er steht und fällt also mit Rashida Jones, die dieser Aufgabe weitestgehend gewachsen ist. Vielleicht ist Celeste & Jesse Forever daher nicht unbedingt der perfekte Film für den Valentinstag (an dem er in Deutschland startet), aber womöglich genau der richtige Film nach einer frischen Trennung.

6/10

How to Survive a Plague

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Life is worth living. Isn’t it?

Von “Oscar snubs” ist meist die Rede, wenn ein Film oder eine Person wider Erwarten der Cineasten nicht für den prestigeträchtigsten Filmpreis der Welt nominiert wird. Oft treten solche Fälle in der Dokumentarfilm-Kategorie auf, mit prominenten Beispielen wie Grizzly Man oder Senna. In beiden Fällen wurde zuerst gemutmaßt, dass ihre Auslassung damit zusammenhängt, dass sie zu einem Großteil aus Archivmaterial bestehen. Dass dem nicht so ist, stellte vor zwei Jahren ein Jury-Mitglied klar und zeigt dieses Jahr auch David Frances How to Survive a Plague. In diesem erzählt France primär mit Archivmaterial von dem Kampf der New Yorker Bewegung Act Up und ihrer Politisierung von AIDS Anfang der 1990er.

Von 1981 bis 2009 hat AIDS weltweit rund 30 Millionen Tote gefordert. Bis heute gibt es keine Heilung, aber zumindest eine effektivere Behandlung als vor 20 Jahren, einer Zeit, in der für Erkrankte wenig Hoffnung bestand. Zwischen 1991 und 1992 starben 900.000 Menschen an AIDS, drei Jahre später waren es bereits doppelt so viele in einem Zeitraum von einem Jahr. “We’re as good as dead”, sagt an einer Stelle der HIV-infizierte Schriftsteller Larry Kramer. “I’m gonna die from this”, gibt zu Beginn von How to Survive a Plague der Banker Peter Staley konsterniert zu Protokoll. “This isn’t gonna be cured for years and years and years.” Was sie vermissen, ist ein öffentliches und politisches Bewusstsein von AIDS.

Einer der Schuldigen ist die Regierung. Zuerst die von Ronald Reagan, dann die von George Bush. Rettung verspricht aber auch nicht die Kandidatur von Bill Clinton im Jahr 1992. Es scheint, die schwul-lesbische Gemeinde und die HIV- und AIDS-Kranken sind auf sich allein gestellt. Und damit abhängig von Bewegungen wie Act Up. “It’s like living in a war”, beschreibt Staley Anfang der 1990er die Situation, dass Freunde um einen herum sterben. Wie lässt sich die Krankheit behandeln? Was könnte medizinisch helfen? Die Erkrankten “had to become scientists to some degree”, erläutert Staley. Zwar kommt 1987 AZT als viel versprechendes Medikament auf den Markt, kostet jedoch pro Patient $10.000 im Jahr.

“The most expensive drug in history”, schnaubt Staley. Was folgt, sind Demonstrationen. Vor Behörden, in Politiker-Büros, auf Kongressen. Die HIV- und AIDS-Bewegung will wahr- und ernst genommen werden. Und wenn schon keine Heilung, dann zumindest die Chance auf ein Überleben bekommen. Währenddessen sterben weiterhin die Freunde und Bekannte von Aktivisten wie Staley, Kramer oder auch Bob Rafsky. Der AIDS-kranke Journalist und Vater konfrontierte Bill Clinton 1992 während einer seiner Wahlkampfreden und verfluchte – sprichwörtlich – George Bush. Verständlich, bei Hunderttausenden neuen Toten pro Jahr. Am Ende von Frances Film wird nicht jeder der Protagonisten noch am Leben sein.

Thematisch ähnlich wie der ebenfalls Oscarnominierte We Were Here von 2011, ist Frances Film jedoch weniger persönlich und dafür mehr protokollarisch geraten. Über acht Jahre umfasst How to Survive a Plague, der abgesehen von Talking Heads mit den Protagonisten hauptsächlich aus einer erstaunlichen Fülle an Archivmaterial von damals besteht. Zwar ist er kein derart einnehmendes Ergebnis wie bei Herzog und Kapadia der Fall, dennoch gelingt France auch dank der starken musikalischen Untermalung von Stuart Bogie ein spannendes Dokument Zeitgeschichte. Mit einem vermeintlich versöhnlichen Abschluss, wenn man Mitte der Neunziger schließlich in der Kombinationstherapie einen ersten Lösungsansatz findet.

Wo We Were Here etwas mehr Fakten vertragen hätte, dürfte How to Survive a Plague gerne persönlicher sein. Zwar gibt Staley als “frontrunner” eine sympathische Identifikationsfigur ab, auf die anderen Protagonisten wie Iris Long hätte man jedoch mehr Fokus setzen können. Eine Mischung aus beiden Dokumentationen oder eine AIDS-thematische Mini-Serie wäre vielleicht der Weisheit letzter Schluss, aber auch so stellen die zwei Dokumentationen eine interessante Doppelvorstellung dar. Ohne zuviel zu verraten, sind entgegen der Befürchtungen im Film Larry Kramer und Peter Staley bis heute wohlauf. Für eine Auszeichnung am Sonntag dürfte das zwar nicht reichen, für einen “Oscar snub” allerdings auch nicht.

7/10

Filmtagebuch: Februar 2013

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5 BROKEN CAMERAS
(PS/IL/F/NL 2011, Emad Burnat/Guy Davidi)
7.5/10

THE A-TEAM[EXTENDED CUT]
(USA 2010, Joe Carnahan)
6.5/10

BORGEN - SEASON 1
(DK 2010, Annette K. Olesen u.a.)
6.5/10

BULLY[HARTE SCHULE]
(USA 2011, Lee Hirsch)
6.5/10

CELESTE & JESSE FOREVER
(USA 2012, Lee Toland Krieger)
6/10

DELIVER US FROM EVIL
(USA 2006, Amy J. Berg)
7.5/10

DETROPIA
(USA 2012, Heidi Ewing/Rachel Grady)
6.5/10

ED WOOD
(USA 1994, Tim Burton)
10/10

ER - SEASON 14
(USA 2007/08, Christopher Chulack/Stephen Cragg u.a.)
7.5/10

ER - SEASON 15
(USA 2008/09, Christopher Chulack u.a.)
7/10

THE EXPENDABLES 2
(USA 2012, Simon West)
6.5/10

FLYING SAUCERS OVER HOLLYWOOD: THE ‘PLAN 9’ COMPANION
(USA 1992, Mark Patrick Carducci)
7/10

THE HOUSE I LIVE IN
(USA/UK/AUS/D/J/NL 2012, Eugene Jarecki)
7/10

THE HOUSE OF THE DEVIL
(USA 2009, Ti West)
7/10

HOW TO SURVIVE A PLAGUE
(USA 2012, David France)
7/10

JUDGMENT NIGHT
(USA/J 1993, Stephen Hopkins)
6/10

THE LAST GLADIATORS
(USA 2011, Alex Gibney)
7/10

MOON
(UK 2009, Duncan Jones)
9/10

THE OSCARS
(USA 2013, Don Mischer)
3/10

SHERLOCK HOLMES: A GAME OF SHADOWS
(USA 2011, Guy Ritchie)
5/10

THE PAPERBOY
(USA 2012, Lee Daniels)
6/10

PAPERMAN[KURZFILM]
(USA 2012, John Kahrs)
8/10

PLAN 9 FROM OUTER SPACE
(USA 1959, Edward D. Wood Jr.)
7.5/10

WRONG TURN
(USA/D 2003, Rob Schmidt)
5.5/10

Bully

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I’m just a teenage dirtbag, baby.

Kinder können grausam sein. Das weiß vermutlich niemand besser als die 69-jährige Karen Klein, die jahrelang im US-Bundesstaat New York als Schulbus-Begleitung fungierte. Bis sie im Juni 2012 von vier Schülern im Bus derart bedroht und beschimpft wurde, dass ein Handyvideo der Jugendlichen auf YouTube viral ging. Die Teenager wurden darauf ein Jahr suspendiert und Klein ist nach einer weltweiten Internet-Spendenaktion mehr als eine halbe Million Dollar reicher. Ein Happy End, das in den USA nicht jedem, der Opfer von Schülermobbing ist, beschert wird. So verübte 2009 der 17-jährige Schüler Tyler Long Selbstmord, als ihn seine Mitschüler wiederholt aufforderten, sich zu erhängen, weil er wertlos sei.

“I think he got to this point where enough was enough”, blickt Tylers Vater David Long mit wässrigen Augen in Lee Hirschs Dokumentation Bully zurück. “I still think he’s gonna come through that door”, sagt Long. “But I know he’s not.” In den USA sind Suizide nach Mobbing (engl. bullying) kein Einzelfall. “Bullycide” wurde als Portmanteau-Wort kreiert. Im Jahr 2010 erhängte sich in Massachusetts die 15-jährige Phoebe Prince, in Oklahoma setzte der 11-jährige Ty Field seinem Leben ein Ende. In den USA wird eines von vier Kindern regelmäßig in der Schule gemobbt, insgesamt sind 30 Prozent der Schüler in Mobbing involviert, entweder als Opfer oder Täter. Lee Hirsch widmet sich in Bully fünf solcher Mobbing-Vorfälle.

Am prominentesten verfolgt Hirsch den 12-jährigen Alex Libby, der jeden Tag im Schulbus geschlagen, gewürgt und bedroht wird. In der Schule wollen sich viele gar nicht mit ihm abgeben, er gilt aufgrund seines Aussehens als “freak” bei seinen Mitschülern. “I feel like I belong somewhere else”, gesteht er. Seine kleine Schwester erzählt, sie wird aufgrund ihrer Verwandtschaft zu ihm gemobbt. “That doesn’t even make sense”, zeigt sich Alex irritiert. Ab einem Zeitpunkt nimmt die Gewalt gegen ihn so zu, dass Hirsch, der mit versteckter Kamera gefilmt hat, die Aufnahmen seiner Mutter und Alex’ Rektorin Kim Lockwood zeigt. Doch die Hilf- und Planlosigkeit der Rektorin hatte Bully zuvor bereits verdeutlicht.

Zu Beginn des Films läuft Lockwood im Schulgang ein Junge mit blutendem Kopf entgegen, dessen Schädel von einem Mitschüler auf einen Nagel geschlagen wurde. “You didn’t like that, did you?”, fragt die Rektorin sogar noch und leistet später gegenüber der Kamera den Offenbarungseid: “Tell me how to fix this. I don’t know”. Mobbing floriert laut Studien speziell an den Schulen, wo es nicht angesprochen wird, die Lehrer keine Aufsicht leisten. In manchen Fällen, wie bei der 16-jährigen homosexuellen Kelby Johnson, beteiligt sich die Belegschaft sogar am Mobbing und stellt die Jugendliche vor der versammelten Klasse bloß. “The school doesn’t care”, bestätigt Kelbys Vater entsprechende Gespräche mit dem Schulrektorat.

Kelby berichtet, wie sie auf dem Heimweg von Mitschülern angefahren wurde, dass sie Selbstmordgedanken hatte. Auch dem friedfertigen Alex setzt das Mobbing zu. “They push me so far that I want to become the bully”, gesteht er. Ähnlich erging es der 14-jährigen Ja’meya Jackson, die gegen ihre Peiniger eines Tages im Schulbus die Pistole ihrer Mutter erhob, um sie zum Schweigen zu bringen. Sofort lastete sie sich damit 22-faches Kidnapping und versuchte schwere Körperverletzung auf. Mit einer Handlung sieht sie sich nun 45 Anklagepunkten gegenüber und sitzt zu Beginn von Bully in Untersuchungshaft. Es sind ungemein eindringliche und erschütternde Vorfälle, die Hirsch in seinem Film Bully dokumentiert.

Allerdings geht die Dokumentation über das Emotionale auch nicht hinaus. Hirsch versucht gar nicht, aufzuschlüsseln, warum Jugendliche zu Tätern werden. Er spricht weder mit solchen Schülern, noch mit Psychologen oder Soziologen. Was sind die Ursachen für Mobbing? Wie könnte man es verhindern? Forschern zufolge kann es einen populär machen, andere zu piesacken. Gefördert wird Bullying, wenn man im eigenen Elternhaus zu viele Freiheiten erhält oder zu sehr diszipliniert, kaum beaufsichtigt wird. Bully will den Zuschauer lediglich erschüttern, was der Film auch schafft. Im Gegensatz dazu, einen aufzuklären. “Maybe what it takes is only for one person to stand up”, mutmaßt Kelby. Es wäre zumindest ein Anfang.

6.5/10
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